Autor Thema: Gütesiegel auf Fischprodukten  (Gelesen 1570 mal)

Joe Cool

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Gütesiegel auf Fischprodukten
« am: 09. Aug. 2012, 14:25:38 »
Auf fast allen Produkten prangt heute irgend ein Label oder (Güte-) Siegel. Doch welchen Wert haben diese Siegel für uns Verbraucher, die wir ratlos vor den Regalen stehen? In zwei Verbraucher-Sendungen des NDR und WDR habe ich jetzt gut gemachte Berichte zu diesem Thema gefunden. Hier der Beitrag zum Thema "Gütesiegel auf Fischprodukten", in Textform. Nächste Woche folgt noch ein Beitrag zu anderen Produkt-Siegeln.

Wild gefangener Fisch aus dem Meer ist ein wertvolles Nahrungsmittel. 16 Kilo Fisch verzehren die Deutschen pro Kopf im Durchschnitt – Tendenz steigend. Doch im Meer schrumpfen die Fischbestände. Welcher Fisch kann überhaupt noch mit gutem Gewissen gekauft werden?Hier sollen Gütesiegel auf den Verpackungen helfen. Sie sollen für nachhaltigen und umweltschonenden Fischfang stehen. Noch gibt es kein einheitliches europaweites Siegel für nachhaltig gefangenen Fisch, sondern viele verschiedene.

Am bekanntesten: Das MSC-Siegel

Am bekanntesten ist das blaue MSC-Siegel, das auf immer mehr Fischprodukten prangt. Dahinter steckt der Marine Stewartship Council, eine internationale seit 1999 unabhängige Organisation. Er vergibt es an Betriebe, die einem nachhaltigen, umweltschonenden Fischfang nachgehen. Das bedeutet, dass nur so viel Fisch aus dem Meer geholt werden darf, wie auch nachwachsen kann und dass Fangmethoden zum Einsatz kommen, die den Lebensraum Meer schonen.

Vor der Vergabe des MSC-Siegels wird ein Fischereibetrieb in einem aufwendigen und teuren Verfahren von unabhängigen Zertifizierungsstellen und Wissenschaftlern geprüft. Für fünf Jahre darf das Unternehmen dann seine Produkte mit dem Siegel kennzeichnen. In dieser Zeit legt es einmal im Jahr Rechenschaft über seine fortlaufend nachhaltige und umweltschonende Fangpraxis ab.

Kritik: Zertifizierungsanforderungen zu niedrig

Das MSC-Siegel bewirkte mit seinen Vergabe-Kriterien ein Umdenken bei den Fischereibetrieben und es gab viel positive Resonanz. Doch die ist mittlerweile in Kritik umgeschlagen. Die Anforderungen für die Zertifizierung seien zu niedrig, bemängeln Umweltorganisationen und Meeresforscher. Denn das MSC-Label findet sich auch auf Fischprodukten, die aus überfischten Beständen stammen, zum Beispiel auf Packungen mit Makrelen-Filets aus dem Nordostatlantik.

Wie konnte es dazu kommen?

Fast alle Betriebe, die Makrelen im Nordostatlantik fangen, tragen das MSC-Siegel für eine vorbildliche Fischerei – mit Ausnahme der Fischereibetriebe aus Island und von den Faröer Inseln. Sie fischen so viele Makrelen wie nur irgend möglich. In der Vergangenheit wurde mehrfach versucht, die Isländer zu einem nachhaltigen Fischfang zu bewegen, leider ohne Erfolg. In der Konsequenz mussten alle europäischen Makrelenfischereien das MSC-Siegel zum 01. April 2012 abgeben. Makrelen, die vor diesem Datum gefangen wurden, dürfen das MSC-Siegel allerdings noch tragen. Wenn sie zu Konserven verarbeitet wurden, sind die Makrelen aus überfischten Beständen auch noch lange Zeit nach dem 01. April 2012 in den Supermärkten zu kaufen – und zwar mit dem MSC-Siegel.


Wenig nützlich: Das „Friend of the Sea“ – Siegel

„Friend of the Sea“ wurde 2006 gegründet und kam damit deutlich später auf den Markt als das MSC-Siegel. Das Vergabesystem ist gegenüber dem MSC-Siegel sehr viel einfacher, aber dadurch auch irreführend. Zum Beispiel zertifiziert „Friend of the Sea“ nach seinem Standart nur Fischereibetriebe, die maximal acht Prozent Beifang machen. Grundsätzlich ein guter Ansatz, da der Beifang dem Nachhaltigkeitsgedanken entgegensteht. Aber bei kleinen Schwarmfischfischereien, etwa der Makrelenfischerei, sind acht Prozent Beifang sehr viel. Mehr als drei Prozent Beifang sollten es bei Makrelen nicht sein.

Ein weiteres Problem ist, dass „Friend of the Sea“ den Standart selbst entwickelt hat und die Fischereien auch direkt zertifiziert. Anders als beim MSC-Siegel gibt es keine unabhängigen Experten, die das Zertifizierungsverfahren übernehmen. So können unerwünschte kommerzielle Interessen entstehen und der Vergabestandart abgeschwächt werden, etwa weil man einen bestimmten Betrieb zertifizieren möchte. Weil die Vergabekriterien zu ungenau sind und die Vergabe des Siegels nicht unabhängig erfolgt, bietet „Friend of the Sea“ dem Verbraucher wenig nützliche Orientierung.

Soziale Kriterien beim „Naturland Wildfisch“-Siegel

Das vom „Verband für ökologische Landwirtschaft – Naturland“ entwickelte Siegel für Wildfisch ist noch relativ jung. Derzeit werden zwei Produkte mit dem „Naturland Wildfisch“-Siegel ausgezeichnet: Viktoriasee-Barsch und Dosen-Thunfisch. Bei der Vergabe des Siegels legt Naturland den Schwerpunkt auf soziale Kriterien. Die Viktoriasee-Barsche in Tansania zum Beispiel werden mit handwerklicher Technik gefangen und die selbstständigen Fischer erhalten einen angemessenen Lohn für ihren Fang.

Auch der mit ausgezeichnete Dosen-Thunfisch, der von den Malediven stammt, wird traditionell gefangen. Es handelt sich um die Thunfisch-Art Skipjack (lat. Katsuwonus pelamis). Ausdrücklich positiv bewertet Naturland nur die Fangmethode der Fischer, bei der es praktisch keinen Beifang gibt. Allgemeine Aussagen zur Fischerei auf den Skipjack-Thunfisch werden mit der Zertifizierung nicht getroffen.

Für den Fischerei-Experten Christopher Zimmermann ist dieser Bewertungsansatz problematisch, da man ohne ökologische Nachhaltigkeit wilde Fischbestände nicht nachhaltig nutzen könne.

Autorin: Saskia Engels
Quelle: http://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/lebensmittel/fisch195.html