Am Wochenende sind die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und der EU über eine Verlängerung des am Dienstag, den 30.06.2015 auslaufenden Hilfsprogramms anscheinend endgültig gescheitert. Der Grund dafür ist, dass die Griechen überraschend erklärt haben, dass sie die Entscheidung über die EU Vorschläge dem Volk überlasen wollen indem sie eine Volksabstimmung durchführen. Diese soll am nächsten Sonntag, den 05.07.2015 stattfinden, also fast eine Woche nach dem Ende der Frist. Die Regierungspartei rät den Griechen dabei mit Nein abzustimmen. Nach dieser Ankündigung sahen die EU-Politiker die Verhandlungen als gescheitert an, da bis zum Ablauf der Frist keine Einigung mehr erzielt werden kann.
Dies hat nun unmittelbare Folgen für das Land, denn aufgrund des Scheiterns der Verhandlungen hat die EZB beschlossen, die Notkredite für die griechischen Banken nicht weiter zu erhöhen. Dadurch wird es bei den bisher bewilligten 90 Milliarden Euro bleiben. Diese haben die Banken allerdings praktisch so gut wie ausgereizt, weswegen den Banken nun die Zahlungsunfähigkeit droht. Als Reaktion darauf hat die griechische Regierung die Banken vorerst geschlossen, lediglich einige ausgewählte Filialen bleiben geöffnet, um den Rentnern ohne Internetanschluss ihre Renten in Bar auszuzahlen. An Geldautomaten können die Griechen jedoch weiterhin Geld abheben, allerdings maximal 60 Euro pro Tag und Karte. Darüber hinaus wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt um einen weiteren Abfluss von Geld ins Ausland zu verhindern. Überweisungen im Inland sind weiterhin uneingeschränkt möglich, Überweisungen ins Ausland bedürfen jedoch einer Sondergenehmigung, die nur erteilt wird, wenn es im öffentlichen Interesse liegt, zum Beispiel bei Medikamentenimporten. Dies hat natürlich auch direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft. Um einen Kollaps der griechischen Börsen zu verhindern bleiben auch diese bis auf weiteres geschlossen.
Dass diese Befürchtungen berechtigt waren zeigt der Börsenstart in Deutschland. Der Dax verlor direkt nach Handelsstart über 4%. Auch andere europäische Börsen hatten ähnliche Einbrüche. Selbst asiatische Börsen verloren teilweise über 2%, so zum Beispiel der japanische Leitindex Nikkei.
Auch der Euro gerät durch die Krise unter Druck und verliert im Vergleich zum Yen und zum US-Dollar an Wert.
Quellen: Tagesschau.de, spiegel.de
Kommentar:
Die griechische Regierung hat Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Das ist der Konsens der europäischen Politiker. Und angesichts des Verhaltens der Regierung in Athen sehe ich das ähnlich. Das bisherige Hilfsprogramm läuft am Dienstag aus, seit Wochen wird darüber verhandelt. Jetzt plötzlich anzukündigen, dass man als Regierung diese Entscheidung nicht treffen kann und stattdessen eine Volksabstimmung durchführen will, und zwar erst nach dem Ende der Frist, ist nicht nachvollziehbar. Es scheint fast so, als wolle man so eine künstliche Verlängerung der Frist erreichen, frei nach dem Motto: Ich lasse Abstimmen, bis dahin müsst ihr weiter helfen. Sollte das tatsächlich der Plan gewesen sein, so ist er offensichtlich gescheitert.
Die griechische Regierung steht allerdings auch mit dem Rücken zur Wand. Schließlich haben sie die Wahlen nur gewonnen, da sie angekündigt hatten den Sparzwängen der EU ein Ende zu bereiten. Ein wirkliches Konzept wie man alternativ vorgehen wolle gab es jedoch anscheinend nicht, und wenn sie nun dem Vorschlag der EU folgen würden wäre das ein Eingeständnis, dass sie ihre Wahlversprechungen nicht halten können, und somit wohl politisch auf lange Sicht das Aus. Lehnen sie die Vorschläge jedoch ab und führen ihr Land in den Ruin, so wäre das natürlich ebenfalls das Ende für die Partei. Ich denke daher, die Abstimmung hat weniger mit den Verhandlungen mit der EU zu tun, sondern eher innenpolitische Gründe. So könnte man sich unabhängig vom Ergebnis hinterher nämlich hinstellen und sagen: Wir haben das nicht beschlossen, das war eure Entscheidung.
Was die Krise selbst angeht, so kann man den Griechen die Schuld meiner Meinung nach jedoch nicht alleine geben. Das Ganze geht nun ja schon seit vielen Jahren so, und immer wieder wurden neue Kredite bewilligt um das unvermeidlich hinauszuzögern. Die Politiker der EU haben sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Schließlich war es vorrangig die Troika der EU, die die Reformen in Griechenland vorgegeben hat, und das Land dabei zu Tode gespart hat. Das sie zu Beginn diesen Kurs eingeschlagen haben ist nachvollziehbar, und dass sie zunächst daran festgehalten haben auch, schließlich haben ähnliche Maßnahmen in anderen Krisenländern ja anscheinend gegriffen. Als jedoch ersichtlich wurde, dass dies in Griechenland nicht so ist, da hätte man prüfen müssen woran das liegt statt einfach weiter zu sparen und Geld rein zu pumpen um eine Pleite zu verhindern. In der Wirtschaft nennt man so etwas Insolvenzverschleppung, und es ist ein Straftatbestand.
Ich denke, dass man die derzeitige Situation hätte vermeiden können wenn man rechtzeitig Reformen durchgeführt hätte, vor allem in den Bereichen Steuern und Renten. Jetzt ist es dafür jedoch fast schon zu spät, da die reichen Griechen ihre Gelder längst aus Griechenland abgezogen haben.