Hallo,
hier mal was zum Nachdenken. Diese Nachricht habe ich in der Zeitung gefunden:
70-Jähriger stürzt sich in den Tod
Nach Räumungsklage
Von Vivien-Marie Drews
Ein 70-jähriger mann hat sich am Montag in Herrenhausen aus der vierten Etage seines Wohnhauses in die Tiefe gestürzt. Der Rentner erlitt schwerste Verletzungen und war sofort tot. Offenbar sah sich der Mann in einer ausweglosen Lage: Seine Wohnung sollte noch am gleichen Morgen geräumt werden.
Der alleinstehende mann lebte seit knapp 40 Jahren in dem Mehrfamilienhaus in der Löpentinstraße. In den vergangenen zwei Jahren geriet er jedoch immer wieder mit Nachbarn in Streit. „Er hat sie ständig beschuldigt, behauptet, sie würden mitten in der Nacht an seiner Tür klingeln“, sagte gestern eine Bekannte des Mannes. Im Dezember 2010 forderte die Hausbesitzerin den Rentner schließlich auf, sich eine neue Bleibe zu suchen. „Der Mann hat nicht reagiert, daraufhin wurde im Mai Räumungsklage erhoben“, sagte ein Sprecher des zuständigen Amtsgerichts.
„Er war außer sich, dass er aus der Wohnung raus muss. Wir haben ihm Unterstützung angeboten, einen Termin mit der Altenhilfe organisiert“, sagte eine Nachbarin. Doch der Rentner habe stets nur abgewinkt. „Er hat jede Hilfe vehement abgelehnt. Er wollte einfach nicht“, berichtete die Frau. Am Montag nun rückte der Gerichtsvollzieher an. Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes machten sich daran, die Tür zu öffnen; vor dem Haus standen die auf richterlichen Beschluss bestellten Möbelpacker bereit. Als der Gerichtsvollzieher an der Wohnungstür klingelte, überkam den Rentner offenbar die schiere Verzweiflung. Er ging in die Küche, öffnete das fenster und stürzte sich in die Tiefe. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Anwohner reagierten schockiert auf den Vorfall. „Jeder kannte ihn“, sagte die Bewohnerin eines Nachbarhauses. Der mann habe jahrzehntelang bei der Conti gearbeitet. „Er war finanziell versorgt und hätte sich einfach nur eine andere Wohnung suchen müssen“, sagte die Frau. Der Rentner soll Zeit seines Lebens ein leidenschaftlicher Langstreckenläufer gewesen sein. In den vergangenen Jahren nahm er an zahlreichen Läufen in Stadt und Umland teil und lief die Zehn-Kilometer-Distanz in 42 Minuten. Vor zwei jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen mit dem Sport aufhören. „Seitdem hatte er an Lebensfreude verloren“, sagte ein Nachbar.
Hannoversche Allgemeine Zeitung, vom 06. September 2011
Die Geschichte lässt viele Fragen offen: Nach 40 Jahren (!) als Mieter bekommt der Mann einfach so die Kündigung, nur weil er sich über andere Mieter beschwert hat? Gab es darüber hinaus Streitigkeiten mit den anderen Mietern? Gab es Streit mit der Hausbesitzerin / Vermieterin? Was für ein Gericht gibt der Räumungsklage gegen einen 70 jährigen Mieter statt - ohne das von ihm Gefahr für Leib und Leben anderer ausgeht (in dem Bericht steht jedenfalls nichts davon)? Mietschulden kann man als Räumungsgrund ebenfalls ausschließen - er galt als "gut versorgt". Eine Nachbarin behauptet, der Rentner habe "jede Hilfe vehement abgelehnt. Er wollte einfach nicht." Das klingt nach jemanden, der kämpfen will. Als dann der Gerichtsvollzieher klingelt, stürzt er sich, von einer Sekunde auf die andere aus dem Fenster?! Warum hat die Stadt ihm keine neue Wohnung angeboten, wenn ihm schuldlos gekündigt wurde? Warum hat die Nachbarin, die sich als "Freundin" bezeichnet, nicht den Mieterverein eingeschaltet? Oder gehörte sie zu den Nachbarn, die ihn gern aus dem Haus haben wollten? Das er, nach gesundheitlichen Problemen, mit dem Lauf-Sport aufhören musste, an "Lebensfreude verloren hatte", klingt für mich zynisch. Es war also am Ende Schicksal: Alt, lahm, bösartig gegen seine Nachbarn - da war es wohl am besten, das er mit "dem Elend" ein Ende gemacht hat...
Wie praktisch - niemand hat schuld, alle (Nachbarn, Vermieter) können befreit aufatmen! Die Akten können geschlossen werden: Klappe zu, Alter tot!
Fragen, Zweifel, Widersprüche bleiben. Hat jemand dazu eine Meinung?