Autor Thema: Charlie Huston - Das Clean Team  (Gelesen 2148 mal)

Helluo Librorum

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Charlie Huston - Das Clean Team
« am: 18. Jan. 2012, 07:57:10 »
Helluo Librorum präsentiert aus der Reihe "Bücher, die man gelesen haben muss":

Charlie Huston: Das Clean Team

Genre: Thriller
Seiten: 496
Verlag: Heyne
ISBN-10: 345340730X
ISBN-13: 978-3453407305


"Charlie Huston lässt Beavis and Butthead wie Sonntagsschüler aussehen." (Stephen King )

"Huston ist einer der großartigsten und frischesten Autoren unserer Zeit." (Publishers Weekly )

Charlie Huston vergleiche ich trotz ihrer unterschiedlichen Genres bewusst mit Richard Laymon: Beide beschreiten mit ihren Romanen ungewöhnliche Wege, schreiben sehr modern, verfügen über eine kranke Phantasie und sind durchaus in der Lage, ihre Genre-Konkurrenz zu dominieren.

Durchgeknallte Story + Ekelgefühl + Schwarzer Humor = CHARLIE HUSTON !!!

Der Autor hat die leider viel zu seltene Gabe, seine Leser zu Junkies zu machen, die nur noch für den nächsten zu konsumierenden "Stoff" leben.

"Das Clean Team" ist ein Buch, dass selbst Nicht-Leser in den Bann zu ziehen vermag. Es ist perfekt beispielsweise für alle Fans von John Niven oder Irvine Welsh. Wer kein Interesse für seine Werke entwickeln kann, dem ist wohl nicht mehr zu helfen ;) Charlie Huston scheint sich, mit Ausnahme seines Fehltrittes "Killing Game", die eigene Messlatte immer höher zu legen. Doch wie lange kann das noch funktionieren? Vorerst darf man jedoch auch weiterhin gespannt sein, was er sich als nächstes einfallen lässt. "Weiter so, Charlie Huston!", möchte man dem Autoren am liebsten zurufen, wenn man die letzte Seite eines seiner Bücher gelesen hat.

Der außergewöhnliche Schreibstil von Charlie Huston ist zugegebenermaßen nicht für jeden etwas. Entweder man liebt ihn oder man stört sich daran. Daher sollte trotz der unbestreitbaren Klasse seiner Romane vor einem Kauf das Buch seiner Wahl im Internet zur Probe gelesen werden. (z.B. auf www.lob.de) Zur Erklärung: In den Dialogen ersetzen vorangesetzte Bindestriche die Anführungszeichen, Zusätze wie z.B. "Er sagte..." fehlen gänzlich und es ist zu Beginn nicht immer sofort erkenntlich, welcher der Charaktere überhaupt gesprochen hat. Letzteres erkennt man nach dem ersten Einlesen dann leicht anhand des Gesprochenen und der Art der Charaktere. (Zur Not kann man dann ja noch einmal von vorne beginnen) Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass der Schreibstil beim erstmaligen Lesen eines Romans aus der Feder von Charlie Huston auf den ersten Seiten noch sehr gewöhnungsbedürftig sein kann, jedoch habe ich mich daran tatsächlich viel schneller als befürchtet gewöhnt und mich voller Genuß in einen regelrechten Huston`schen makabren Rausch gelesen. Letzten Endes mutet sein eigenwilliger Schreibstil sogar äußerst innovativ an und treibt das fast durchweg rasante Tempo der ungewöhnlichen Story voran.

Kurzbeschreibung:
Niemand hat gesagt, das Leben sei einfach. Noch dazu in Los Angeles, Stadt der Träume, Möchtegern-Stars und Versager. Genau so einer ist Webster, genannt Web. Ein 29-jähriger Loser, der liebend gern große Sprüche kloppt, aber sonst wenig zustande bringt. Er lebt bei seinem Kumpel Chev, der ein runtergekommenes Tätowier- und Piercingstudio hat, liest stundenlang Comics, schaut sich miese Horrorfilme an und schläft täglich mindestens elf Stunden. Doch damit ist es bald vorbei, als ihn Chev dazu zwingt, endlich einen Job bei seinem Bekannten Po Sin anzunehmen. Web fängt beim »Clean Team« an. Der Job besteht darin, Verbrechensschauplätze von Blut, Fäkalien und anderen unschönen Dingen zu säubern und wieder wohnlich zu machen. Als Web eines Nachts mit seinem Reinigungswagen vor einem abgewrackten Motel steht, in das ihn sein neuer Schwarm Soledad gerufen hat, ahnt er noch nicht, in welchen Schlamassel er sich begibt.


Webster "Web" Filmore Goodhue, Charlie Huston`s neuer Antiheld, ist zweifelsohne der lässigste Loser seit "Big Lebowski". Was die Sehnsucht nach einer Fortsetzung verständlicherweise nur noch zusätzlich verstärkt. Die Geschichte wird aus seiner Sicht erzählt und der liebenswerte Loser, den man spätestens nach ein paar Seiten in sein Herz geschlossen hat und sich mit ihm zu identifizieren beginnt, nimmt uns mit auf eine rasante Achterbahnfahrt. Web kommt zynisch rüber und bringt sich dank seines frechen Mundwerks immer wieder in brenzlige Situationen. Dumm nur, wenn man trotz besseren Wissens nicht in der Lage ist, lieber mal seinen Mund zu halten. Aber das kommt wahrscheinlich nicht nur mir sehr bekannt vor?

Auch einige der anderen Charaktere sind abgefahren bis krank, aber häufig sympathisch gezeichnet. Dank der skurilen, völlig unterschiedlichen Charaktere kommt somit garantiert keine Langeweile auf. Ganz im Gegenteil: Man darf sich getrost auf viele herzhafte Lacher freuen. Vor allem die derben Dialoge, die sowohl Fäkal- als auch Gewaltsprache in hohen Anteilen beinhalten, garantieren allerbeste Unterhaltung. Die morbiden Charaktere und harte, aber dennoch humorvolle Dialoge peitschen einen regelrecht durch die kranke Story.

"Das Clean Team" weiß gekonnt von Beginn an zu fesseln, lässt einem kaum Luft zum Atmen und führt in atemberaubendem Tempo viel schneller durch das Buch, als es einem eigentlich lieb sein kann. Es kann daher sehr gut sein, dass auch Sie dem Reiz erliegen und "Das Clean Team" in einem Rutsch lesen. Doch das offene Buchende lässt zum Glück berechtigterweise auf eine baldige Fortsetzung hoffen. Was angesichts der unverhohlenen Vorliebe Hustons für Buchreihen auch niemanden ernsthaft verwundern sollte.

Insgesamt betrachtet ist "Das Clean Team" eine erstaunlich kurzweilige, rabenschwarze und höchst unterhaltsame Lesekost. Doch wer sich seines schwachen Magens bewusst ist, der sollte sich besser so manche Szene nicht bildlich vorstellen. Die detailliert beschriebenen Tatortreinigungen erfordern durchaus eine hohe Ekelresistenz und haben auch mir, der normalerweise alles andere als leicht zu schocken ist, zumindest vorübergehend den Appetit verdorben.

Abschließend möchte ich noch feststellen: Sollte jemals Quentin Tarantino dieses Buch zu Gesicht bekommen, dürfen wir uns mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar auf eine Verfilmung von "Das Clean Team" freuen. Charlie Huston + Quentin Tarantino: Ein potentielles Dream-Team!  8)

P.S.: Rechtschreibung und Grammatik wie immer ohne Gewähr!  ;)

« Letzte Änderung: 10. Feb. 2012, 10:15:32 von Helluo Librorum »
"Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill