Autor Thema: Bio-Siegel: Tatsächlich besser und gesünder?  (Gelesen 2704 mal)

Joe Cool

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Bio-Siegel: Tatsächlich besser und gesünder?
« am: 11. Sep. 2012, 14:17:43 »
Ich habe hier schon in verschieden Beiträgen über Staatliche und industrielle Siegel berichtet. Heute möchte ich einen Beitrag über Bio-Siegel posten.

Lebensmittel, auf denen ein Gütesiegel klebt, verheißen Gesundheit, Genuss oder Bio-Standarts. Allein auf dem deutschen Markt gibt es derzeit rund 1000 solcher Zeichen. Doch welchen kann man trauen? Und welchen nicht? Eine Auswahl.

   Deutsches Bio – Siegel
Das staatliche Bio-Siegel soll deutschen Verbrauchern EU-weit einheitliche Standarts für den ökologischen Landbau garantieren. Die EG-Öko-Verordnung besagt: Biolebensmittel müssen zu mindestens 95 Prozent aus dem ökologischen Landbau stammen. Für die derzeit rund 60 000 mit dem Zeichen versehenen Lebensmittel darf keine Gentechnik, kein chemisch-synthetischer Pflanzenschutz und kein Mineraldünger verwendet werden. Die Verordnung schreibt zudem einen „weitgehenden Verzicht“ auf Antibiotika vor. Zukauf von Futter in großen Mengen hingegen erlaubt sie. Unter anderem deshalb steht das Bio-Siegel bei Verbraucherschützern in der Kritik: Auf diese Weise kommen Großhändler ins Spiel, die Lieferketten werden länger und weniger transparent. Foodwatch bemängelt zudem die rund 50 zugelassenen Zusatzstoffe, unter anderem Nitritpökelsalz: Nitrit gilt als problematisch, weil sich daraus im menschlichen Magen krebserregende Nitrosamine bilden können.

   Neues EU-Bio-Siegel
Seit Juli müssen verpackte Biolebensmittel das neue EU-Bio-Logo tragen. So ausgezeichnete Lebensmittel erfüllen die Basisbedingungen für Bioprodukte gemäß der EG-Öko-Verordnung. Zusätzlich zum neuen EU-Bio-Logo können Lebensmittel weiterhin mit dem Staatlichen deutschen Bio-Siegel gekennzeichnet werden: Die Ware entspricht also denselben Mindeststandarts wie die mit EU-Logo. Foodwatch kritisiert, dass die Verbraucher bei vielen Produkten getäuscht werden können. „Mit dem Bio-Siegel verkauft werden etwa Limonaden, in denen kein Tropfen Fruchtsaft steckt, sondern der Geschmack mit Aromastoffen aus Papierabfällen und Schimmelpilzen erzeugt wird“, sagt Christiane Groß von der Verbraucherinitiative.

   Demeter
Spezialisierte Anbauverbände wie Demeter, Bioland, Naturland oder Gäa vergeben Siegel für Ware, die nach verbandseigenen, strengen Richtlinien erzeugt wird. Demeter-Bauern betrachten ihren Hof als „lebendigen, einzigartigen Organismus“. Sie beziehen sich damit auf die anthroposophische Lehre Rudolf Steiners. Alle Teilbereiche müssen nach dem „Demeter“- Prinzip wirtschaften. Saatgut und Futter für die Tiere müssen auf dem eigenen Hof gezüchtet und angebaut werden. Während die EU-Bio-Verordnung bei der Verarbeitung von Lebensmitteln rund 50 Zusatzstoffe zulässt, erlaubt Demeter nach eigenen Angaben nur 13 – etwa Aromaextrakte aus der Frucht oder ätherische Öle. Erdbeeraroma aus mikrobieller Erzeugung auf Sägemehl, die in konventionell hergestellten Fruchtjoghurts die eigentlichen Früchte ersetzen können, ist verboten. Ebenso die Homogenisierung von Milch und Nitritpökelsalz.

   Bioland
Gärtner, Landwirte, Winzer, Obsterzeuger, Imker und Hersteller müssen nach den Bioland-Richtlinien arbeiten, die über die EG-Öko-Verordnung hinausgehen. Der Anbauverband setzt besonders auf die Regionalität der Produkte. Häufig werden die Produkte direkt von den Landwirten an die Kunden verkauft, etwa in Bioläden, Reformhäusern oder auf Wochenmärkten. Bei allen Bauern wirtschaftet der gesamte Betrieb ökologisch und verwendet nur Saatgut aus ökologischem Anbau. Bioland-Betriebe dürfen keinen konventionellen Anbau parallel betreiben. Außerdem dürfen keine synthetischen Pestizide und chemisch-synthetische Stickstoffdünger eingesetzt werden. Die Verwendung von Herbiziden ist ebenfalls verboten. Bioland legt Wert auf artgerechte Tierhaltung. Mindestens die Hälfte des Futters muss vom eigenen Hof kommen.

   Naturland
Der Naturland-Verband für ökologischen Landbau, kurz „Naturland“, hat sich mit dem Ziel gegründet, den ökologischen Landbau sowie den fairen Handel weltweit zu fördern. Grundsätzlich orientiert sich „Naturland“ an den Regeln von Bioland, vergibt sein Siegel aber auch für ökologische Waldnutzung und Ökoaquakulturen (Fische, Krebse und Algen). 50 Prozent des Futters der Landwirte muss aus dem eigenen Betrieb kommen.

   Fairtrade
Das Siegel kennzeichnet Güter, die aus freiem Handel kommen und darüber hinaus noch bestimmte ökologische Kriterien einhalten. Vergeben wird das Zeichen von der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO). Diese legt auch die Standarts fest, die ein Produkt bei seiner Erzeugung erfüllen muss. Fairtrade-Produkte garantieren den Verbrauchern unter anderem einen umweltschonenden Anbau und ein Verbot gentechnisch veränderter Organismen. Händler und Erzeuger können sich unter anderem auf stabile Mindestpreise, langfristige Handelsbeziehungen sowie angemessene Arbeitsbedingungen verlassen. Allerdings ist der Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Deutschland bisher gering. In der Kritik steht der verband, weil sich auf Seite der Verbraucher nicht nachvollziehen lässt, wer in der Erzeugerkette welche Summe vom Fairtrade-Preisaufschlag erhält.

   Ohne Gentechnik
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirschaft und Verbraucherschutz hat den Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) exklusiv mit der Vergabe des freiwilligen Siegels „Ohne Gentechnik“ betraut. Mitglieder sind Verbraucher, Landwirte, Zertifizierer, Lebens- und Futtermittelverarbeiter sowie große Handelsunternehmen der Lebensmittelbranche. Produzenten müssen für den Erhalt des Siegels glaubhaft darlegen, dass bei der Herstellung von tierischen Produkten nur Futtermittel eingesetzt wurden, die ebenfalls gentechnikfrei sind. Kritiker wie die Verbraucherorganisation Foodwatch bemängeln jedoch, dass das Siegel nicht den Verzicht auf Futterzusätze wie „Aromen und Vitamine, die in geschlossenen Industrieanlagen mit Hilfe von gentechnisch veränderten Bakterien“ hergestellt wurden, verlangt.

   Siegel der Lebensmittelmärkte
Bio-Produkte der einzelnen Verbände gibt es inzwischen in zahlreichen Lebensmittelmärkten. Die großen Ketten bieten aber auch ihre eigenen Bio-Siegel an, die zum Teil natürlich Mogelpackungen sein können, selbst wenn sie mit Begriffen wie „natürlich“ oder „frisch vom Land“ für sich werben. Einige Lebensmittelketten aber haben sich zumindest die Vorgaben des deutschen Bio-Siegels zum Standart gemacht und tragen daher gleichzeitig auch dieses. Bei Edeka sind das etwa mit „Edeka Wertkost“ ausgezeichnete Waren, bei Real und Kaufhof Lebensmittel mit dem Siegel „Naturkost Grünes Land“, bei Rewe Produkte mit dem Hinweis „ReweBio“. Auch Alnatura-Erzeugnisse, „Naturgut“-Produkte von Penny oder „BioBio“- Waren bei Netto sowie Produkte der Marke „Naturkind“, die es unter anderem bei Kaiser’s gibt, folgen diesem Standart.                         vm/dpa

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom Montag, 10. September 2012   

*Hinweis: In dem zugrundeligenden Artikel wurden auch das DLG-Siegel und das MSC-Siegel beschrieben. Beide wurden aber schon in den anderen, von mir geposteten Artikeln zum selben Thema behandelt. Ich habe sie deshalb aus diesem Artikel herausgenommen. 
« Letzte Änderung: 11. Sep. 2012, 14:22:32 von Joe Cool »