Autor Thema: Rezension: "Was würdest Du tun? (mit einem bedingungslosen Grundeinkommen)  (Gelesen 1341 mal)

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Buchrezension:

„Was würdest Du tun?“
Wie uns das bedingungslose Grundeinkommen verändert

24 Gewinnerinnen und Gewinner eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ sind für das vorliegende Buch zu ihren Erfahrungen und Erlebnissen interviewt worden. Erfahrungen und Erlebnisse, die sie in den 12 Monaten gemacht haben, in denen sie jeweils 1.000,-€ ausgezahlt bekommen haben. Wohlgemerkt: bedingungslos ausgezahlt bekommen haben.

In 5 Kapiteln wird erklärt und beschrieben, worum es bei diesem „weltweit einzigartigen (gesellschaftlichen) Experiment“ geht. Was sich dabei in den Leben der Gewinnerinnen und Gewinner verändert hat. Was sie mit dem Geld gemacht haben. Was sie in der Zeit gedacht und gefühlt haben und am Ende des Gesprächs beantworten sie alle noch eine Frage, nämlich die: ob das „bedingungslose Grundeinkommen“ alle Menschen, also auch die, die das Geld eigentlich gar nicht nötig hätten, bekommen sollten.

„Soziales Start-up“

Der Verein „Mein Grundeinkommen“, der das bedingungslose Grundeinkommen organisiert, wurde 2014 von Michael Bohmeyer in Berlin gegründet. Er hat zusammen mit Claudia Cornelsen dieses Buch geschrieben. Das Vorwort hat Götz Werner beigesteuert. Er ist bekannt als Gründer und Chef der Drogeriemarktkette „dm“ und er gilt seit langem als einer der prominentesten Fürsprecher eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Das Geld für die Verlosungen der Grundeinkommen kommt über Crowdfunding zusammen. Es gibt derzeit über 70.000 Dauerspenderinnen und Dauerspender. So kommen jeden Monat fast 12 Grundeinkommen (144.000,- €) zusammen. Sind 12.000,-€ im Topf wird ein Grundeinkommen verlost. Jetzt im März 2019 wird das insgesamt 300. Grundeinkommen verlost.

Nötig haben es irgendwie alle: aber bedingungslos
 
Die meisten Gewinnerinnen und Gewinner der 12 x 1.000,- €, haben das Geld, obwohl sie zum Zeitpunkt der Gewinnbenachrichtigung fast alle berufstätig waren, dringend nötig. Und somit verwundert es nicht, dass das Geld für alle genau zur rechten Zeit kommt. Ob Schicksalsschlag, Familienstreit, Ehekrise, schwanger, Mann weg, Ausbildung, Studium, krank, sehr schlecht bezahlte Tätigkeit: es ist einfach so, dass in diesem Land sehr viele Menschen großen und auch sehr großen Problemen gegenüberstehen.
Dennoch haben viele Gewinnerinnen und Gewinner die Bedingungslosigkeit zuerst als Problem empfunden. Wildfremde Menschen würden einem Geld geben, damit dieser damit machen könne, was er wolle. Und das auch noch bedingungslos. Man sei da einfach anders erzogen…, heißt es. Einige dachten daran, dass Geld zu spenden, oder einfach auf dem Konto zu lassen. Deswegen nennen alle auch die Bedingungslosigkeit als die prägendste Erfahrung - mit schlussendlich außerordentlich entspannender und befreiender Wirkung.

Manche von ihnen haben erst zurückhaltend hochwertiger konsumiert als vorher, „es durfte auch Mal der besser Wein sein“, andere sind verreist, wieder andere haben ihre Kinder in Ausbildung oder Studium unterstützt. Eine Frau hat ihren Gastronomie-Job gekündigt, nachdem ihr „Chef“ ihr jahrelang immer zu wenig ausgezahlt hatte – er wusste, dass die Frau auf den Job angewiesen war und hat das ausgenutzt. Ein anderer hat seinen Callcenter-Job an den Nagel gehängt und hat ein Pädagogikstudium begonnen.

Nicht jeder ist dafür

Die Diskussion um das (bedingungslose) Grundeinkommen wird in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sehr kontrovers geführt. Verständlich, denn es geht ja um nichts weniger, als um den Umbau unserer Gesellschaft. Ein Umbau hin zu einer Gesellschaft, in der sich die Menschen mit Respekt, Akzeptanz, Vertrauen, Zutrauen und Empathie begegnen und sich gegenseitig ermutigen und motivieren – dazu, ein engagiertes Leben zu leben und das wirklich Wesensbeste daraus zu machen.

Wer soll das bezahlen?

Sie werden fragen: wie soll das bezahlt werden? Oder vielleicht sogar: Ist das überhaupt bezahlbar? Mir fällt dazu spontan ein: Wir leben doch jetzt auch alle und es ist bezahlbar. Und ich frage: Basiert unser Zusammenleben aber jetzt auf der Basis der oben genannten Werte – so, wie wir uns alle das doch eigentlich wünschen? Nein, das tut es nicht. Unsere Gesellschaft ist geprägt von Missgunst, Neid, Intoleranz, Misstrauen, Diskriminierung und Erniedrigung.
Doch zurück zur Frage: Cornelsen und Bohmeyer äußern sich dazu in etwa so: die reichen Menschen hätten weniger als vorher, die ärmeren hätten mehr. Für alle anderen würde sich kaum etwas ändern.

Geld auch für die Reichen

Die andere Frage übrigens, die, die ich zu Beginn dieser Rezension erwähnt habe und die allen Gewinnerinnen und Gewinnern aus diesem Buch gestellt worden ist: ob nämlich auch die Reichen das bedingungslose Grundeinkommens bekommen sollten, haben alle – wenn manche auch nur zögerlich, so doch mit „ja“ beantwortet: „wenn für alle, dann für alle: ausnahmslos.“ Klingt doch, wie ich finde: berechenbar, machbar und gerecht.


Was würdest Du tun?
Michael Bohmeyer, Claudia Cornelsen
Hardcover
Klappenbroschur
288 Seiten
ISBN-13 9783430210072
Erschienen: 25.01.2019

€ 16,00 [D] € 16,50 [A]

Buchbestellung über Ullstein Verlage: https://bit.ly/2Bfwf7R

Webseite des Vereins: "Mein Grundeinkommen": https://www.mein-grundeinkommen.de
« Letzte Änderung: 06. Mär. 2019, 21:30:34 von Redakteur »