Autor Thema: Tod im Jobcenter  (Gelesen 3985 mal)

morfois43

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Tod im Jobcenter
« am: 23. Mär. 2012, 10:34:51 »
Hallo,

vielleicht haben es einige gelesen: Am 19. Mai 2011 wurde in einem Job Center in Frankfurt eine 39 jährige Frau von einer Polizistin erschossen.
Was war passiert? Die Frau, eine gebürtige Nigerianerin, kam an diesem Tag in das Job Center, weil sie kein Geld mehr hatte. Die Sozialleistungen waren nicht auf ihrem Konto eingegangen- Grund unklar. Bei ihrem Sachbearbeiter bat sie um zehn Euro. Der Sachbearbeiter lehnte ab und forderte sie auf zu gehen. Christy Schwundek, so der Name der Frau, blieb sitzen. Der Sachbearbeiter alarmierte den hauseigenen Sicherheitsdienst. Dann holte er den stellvertretenden Teamchef. Christy Schwundek hatte Hunger. Sie musste die Strecke zum Job Center schwarzfahren, sie war verzweifelt. Sie blieb sitzen. Der Teamleiter bietet ihr einen Lebensmittelgutschein in Höhe ihres Anspruchs für den Monat Juni an. Sie lehnt ab. Es geht ein Notruf bei der Polizei ein: Eine Frau randaliere und weigere sich, das Gebäude zu verlassen.

Als zwei Beamte das Zimmer im Job Center betreten, eskaliert die Situation. Der Polizist fordert die Frau auf ihren Ausweis zu zeigen. Christy Schwundek beugt sich zu ihrer Stofftasche vor, die auf einem Beistelltisch liegt. Sie greift in die Tasche und legt sie wieder zurück. Einen Ausweis zeigt sie nicht. Der Polizist nimmt die Tasche, da sticht die 39-Jährige mit einem Steakmesser nach ihm, verletzt ihn am Unterarm und durch die Schutzweste am Bauch. Seine Kollegin, eine 28 Jahre alte Beamtin, verlässt rückwärts gehend den Raum, bleibt im Flur stehen. Die Frauen stehen etwa 2,5 Meter voneinander entfernt.

"Ich muss sagen, dass sie in diesem Moment einen total irren Blick hatte, voller Aggression, Hass und Wut, ein für mich beängstigender Ausdruck", erinnert sich die Polizistin in einer Befragung. "Beim Aufrufen der dritten Warnung machte Frau Schwundeck eine Körperbewegung und dazu einen kleinen Schritt nach vorne auf mich zu. In diesem Moment habe ich dann den Schuss abgegeben."

Die Nigerianerin sackt zusammen. Dass sie sich in Richtung der Beamtin bewegt hat, habe kein anderer Zeuge zu Protokoll gegeben, sagen die Rechtsanwälte der Angehörigen. Der Sicherheitsmann habe lediglich angegeben, dass sich Christy Schwundeck bewegt habe, in welche Richtung aber wusste er nicht.

Auch der verletzte Polizeibeamte sagte einen Tag nach dem Vorfall in einer Vernehmung, er sei von einem "Messerstich bzw. Messerschnitt am Arm verletzt" worden und habe sich in eine Ecke des Büros geflüchtet. "Die Kollegin wich zurück in den Flur und zog ihre Waffe bzw. bedrohte die Person mit der Waffe. Als ich mich wieder in Richtung der Dame drehen konnte, zog ich ebenfalls meine Waffe und zielte auf diese Dame. Bevor ich irgendetwas sagen konnte, hat die Kollegin dann schon geschossen."

Seine Kollegin habe gerufen: "Lass das Messer fallen, oder ich schieße!" Christy Schwundeck habe sich daraufhin zu der Polizistin umgedreht. "Die Frau fuchtelte weiter mit dem Messer in der Luft herum, und in diesem Moment fiel dann der Schuss." Kein Wort von einer Vorwärtsbewegung oder einem Schritt, den die Arbeitslose gemacht haben soll.

Die Aussage des verletzten Polizisten belegt auch, dass Christy Schwundeck erst auf die Beamtin aufmerksam wurde, nachdem diese sie laut angesprochen hat.
Warum wehrt sich die Beamtin nicht mit Pfefferspray oder Schlagstock? Für einen Waffenwechsel sei keine Zeit geblieben, zudem hätte die Verwendung von Pfefferspray in einem geschlossenen Raum auch bei unbeteiligten Personen zu "gereizten Augen" geführt, behauptet die Staatsanwaltschaft.

Auch ein Warnschuss sei nicht möglich gewesen, sagt Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu am Donnerstag. Das Szenario habe sich schließlich in einem "vollbesetzten Büro" abgespielt. Die Polizistin habe den Tod Schwundecks nicht "billigend in Kauf" genommen, "vielmehr muss es zu ihren Gunsten - wie auch die von ihr angestoßenen Rettungshandlungen zeigen - angenommen werden, dass sie auf einen 'guten Ausgang' vertraute".

Die Oberstaatsanwältin räumt ein, es gebe viele Zeugen, deren Aussagen nicht deckungsgleich seien, trotzdem handele es sich um Notwehr. "Der Polizeibeamtin blieb nichts anderes übrig."

Im Januar hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Polizeibeamtin, die die 39-Jährige getötet hat, eingestellt - sie habe aus Notwehr gehandelt.

Christy Schwundecks Ehemann und ihr Bruder, der in London lebt, haben nun über die Frankfurter Rechtsanwälte Michael Koch und Thomas Scherzberg Beschwerde eingereicht und fordern einen Prozess. Für sie gibt es zu viele Ungereimtheiten in dem Fall. "Nur mit Hilfe eines Verfahrens kann restlos geklärt werden, warum ein Mensch zu Tode kommen musste, obwohl es mehrere Zeugen gibt, die die Angriffsversion der Polizistin nicht bestätigen", sagt Koch.

Die Beschwerde von Christy Schwundecks Ehemann und ihrem Bruder ist nun auf dem Weg zur Generalstaatsanwaltschaft. Die Angehörigen glauben, dass erst eine Hauptverhandlung den konkreten Ablauf klären kann: Mit der Abwägung aller Zeugenaussagen und Beweisergebnisse wie Raumsituation, Schusskanal, Trefferbild. Interessant wäre dann auch, dass die Leiterin der vier Jobcenter in Frankfurt, Claudia Czernohorsky-Grüneberg, nach dem Unglück in einem Interview mit der "Hessenschau" gesagt haben soll, die Auszahlung der verweigerten zehn Euro sei durchaus möglich gewesen.

Quelle: Text von mir, unter Verwendung von Auszügen eines Artikels bei www.spiegel-online.de   

Ich kommentiere den Text nicht und überlasse euch eine Bewertung.



Neugier

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #1 am: 23. Mär. 2012, 11:03:25 »
Ich frage mich, warum ging die Dame mit einem Steakmesser in das Jobcenter? Wenn man mit einer Waffe (ein Messer ist eine Waffe) irgendwo auftaucht, muss man doch mit Gegenwehr rechnen oder nicht?
Okay man könnte sagen, die Polizistin hätte Ihr in das Bein schießen können. Aber ob das möglich gewesen wäre, können wir nicht beurteilen.
Und wenn es wirklich nur um 10€ ginge, sollte da nicht das Jobcenter im Fokus stehen?

Sollte man nicht auch an die Polizistin denken, die jetzt mit dem Drama leben muss?

Meine Meinung: Jeder der mit einer Waffe etwas erreichen will, muss damit rechnen dass ER/SIE schaden nimmt.
Ich bin im Moment auch nicht gut auf unsere Ämter zu sprechen, aber bei Gewalt hört der Spaß auf!
Ich bin so wie ich bin, so isses!

morfois43

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #2 am: 23. Mär. 2012, 12:03:00 »
"Sollte man nicht auch an die Polizistin denken, die jetzt mit dem Drama leben muss?

Meine Meinung: Jeder der mit einer Waffe etwas erreichen will, muss damit rechnen dass ER/SIE schaden nimmt."


Du sagst es ja selbst!

Polizisten lernen in ihrer Ausbildung, Situationen zu deeskalieren (d.h. zu entschärfen).
Mir fällt es schwer zu verstehen, warum man sich z. B. alle Mühe gibt, den mutmaßlichen Mörder von Toulouse lebend zu fangen (der immerhin sieben Menschen kaltblütig getötet haben soll) und hier, ohne zu zögern, die Waffe gegen eine verzweifelte Frau zieht?! Die Frau hat sicherlich einen schweren Fehler gemacht, als sie ein Messer gegen die Polizeibeamten zog. Ich will auch nicht die Polizei zum üblichen 'Buhmann' machen- Ihr Job ist schwer genug.
Aber ist sie deswegen immer im Recht? Hat ein Menschenleben, auch wenn sich der Mensch in einer Situation ins Unrecht gesetzt hat, automatisch keinen Wert mehr?  

Es geht mir hier um die Verhältnismäßigkeit ...



Astrid

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #3 am: 23. Mär. 2012, 16:58:59 »
Hallo morfois43,

na das ist wirklich "harter Toback". Wenn man das so liest ohne einzelne Hintergründe zu kennen, dann stellen sich mir mehrere Fragen:
Wenn bei Frau S. die Sozialleistungen nicht auf ihrem Konto eingegangen sind, ist es Verschulden des JC, davon ausgehend, dass diese zu diesem Zeitpunkt hätten überwiesen werden müssen. Dann müssten Frau S. auch die 10,- € zustehen, oder? Wie kann der Sachbearbeiter so etwas ablehnen? Außerdem wären Ihr die 10,- € doch sicherlich bei der nächsten Überweisung abgezogen worden. Ist allerdings die Frage, ob Frau S. bereits mehrmals nach einem Vorschuss gefragt hatte und der Sachbearbeiter deshalb die Not von Frau S. nicht akzeptiert hat. Dazu weiß ich zuwenig darüber.
Aber ich weiß, wie es ist, wenn jemand nicht gehen will, was willst du denn machen, wenn du mehrmals mit der Person gesprochen hast. Also Sicherheitsdienst bzw. Polizei informieren ist legitim.
Wieder die Frage, warum trägt Frau S. ein Messer mit sich herum, was hat diese Frau bereits vorher (Schlimmes) erlebt. Warum fühlte sie sich so in die Enge getrieben, dass sie zustach? Ich denke dazu allein gehört schon Überwindung.
Es erfolgten 3 Warnungen von der Polizistin, es ist klar, dass die dann handeln muss. Allerdings verstehe ich nicht, dass sie einen tödlichen Schuss abgeben musste. Oder ist man in so einer Situation nicht "Herr seiner Sinne"? Dann müssten die Polizisten für diese Situation besser geschult sein. Oder gibt es die Anweisung, Person mit Messer, bereits jemanden verletzt, legt die Waffe nicht ab, tödlich treffen? Hier fehlt mir auch das Wissen.
Also hier ist vieles für mich unklar, aber ich finde auch richtig, dass man mit dem Leben eines Menschen nicht so leichtfertig umgehen sollte.
Das Leben hat jeder nur einmal und keiner hat für mich das Recht jemand anderes zu töten!
Ja und nun habe ich gut übergeleitet zum Thema "Todesstrafe". Vielleicht ein neues Thema?
Ich denke auch, dass das für die Polizistin nicht einfach sein wird (wahrscheinlich auch ein Leben lang), aber sie hat etwas, was Frau S. nicht mehr hat, das Leben ...!
Außerdem hoffe ich, dass sich im JC und bei der Polizei einiges durch diesen Vorfall ändert!

Viele Grüße

Astrid
Carpe Diem! Forever Werk!

ChuckNorris

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #4 am: 23. Mär. 2012, 19:06:45 »
In dem Fall ist meine Meinung klar: Die Frau ist in dem Fall selber Schuld! Wer mit einer Waffe / Werkzeug / körperlicher Gewalt versucht, seine Interessen durchzusetzen, dem muss klar sein, dass er ein ein ebenbürtiges Echo bekommt!

Ich muss da auch die Polizistin in Schutz nehmen aus meinen persönlichen Erfahrungen in meinem beruflichen Werdegang.

Ausbildung hin und Schulung her, jeder Mensch hat andere Charaktereigenschaften und ein unterschiedlich stark belastbares Nervenkostüm. Ihr Kollege wurde von der Frau attackiert, mit dem Messer, nur weil er ihre Tasche durchsuchen wollte. Damit hat die Frau den körperlich überlegenen Part des Polizeiduos schon Schach Matt gesetzt!
Die Polizistin bekommt Panik, zieht die Waffe. Warnschuss nicht möglich, wie die Staatsanwältin schon sagte. Wie auch, soll sie in die "Luft nach oben" schießen. Da geht das Projektil evtl. durch die Decke.
Ich glaube auch nicht, dass es der tödliche Schuss Absicht war, wie soll man in einem engen Raum während eines Handgemenges auch einen gezielten Schuss absetzen.

Ich musste selber schon die Waffe auf Menschen richten, trotz aller Ausbildung bist du auf diesem Moment nicht vorbereitet. Es ist auch ein total beschissenes Gefühl wenn du den Gegenüber in deinem Laserreflexvisier hast!!! Doch wenn es dann plötzlich um deine eigene Haut geht und ich denke so hat die Polizistin empfunden, dann zögerst du nicht mehr, denn es geht dann nicht mehr um das Große Ganze sondern ganz banal nur noch um: Dein Arsch, oder mein Arsch!


ChuckNorris

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #5 am: 23. Mär. 2012, 19:08:55 »
Nachtrag: Die Überschrift dieses Threads find ich auch völlig verfehlt. Das ist das journalistische Niveau der Bild-"Zeitung".

Nachtrag 2: Hab hier gerade was von einem Schuss ins Bein gelesen. Im Bein befindet sich eine dicke fette Hauptschlagader, die, einmal zerfetzt, zum Tode innerhalb weniger Minuten führt.

Nachtrag 3: Den Attentäter von Toulouse und den Vorfall im JC wegen der Verhältnismäßigkeit zu vergleichen ist nicht verhältnismäßig *grins*  Das sind 2 verschiedene Paar Schuhe!
« Letzte Änderung: 23. Mär. 2012, 19:22:44 von ChuckNorris »

morfois43

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #6 am: 26. Mär. 2012, 11:05:01 »
Hallo,

@chuck norris: Die Überschrift kam nicht von mir, sondern entstammt dem Artikel von www.spiegel-online.de. Hinweis: Da die 'Bild'-Zeitung nicht journalistisch ist, hat sie auch kein "journalistisches Niveau".
Ich finde auch den Gedankengang seltsam, wohin die Polizistin alternativ hätte schießen können. Sie hätte ja auch ein nicht tödliches Mittel zur Gefahrenabwehr wählen können.
Was ich auch vermisse, ist die Überlegung, warum die Situation so hat eskalieren können. Ich habe selbst mehrfach erlebt, das Ausländer von Mitarbeitern eines JC herablassender u. schlechter behandelt wurden, als deutsche "Kunden". Ein unangenehmer Gedanke, wenn man diesen Fall ansieht, der nicht so verlaufen wäre, hätte man der Frau diese zehn Euro ausgezahlt?!

Ich habe den Vergleich mit dem Attentäter von Toulouse gewählt, weil er gerade aktuell war und, wie ich finde, die ungleiche Herangehensweise von Sicherheitskräften schön darstellt. Über zweihundert Polizisten versuchten in Toulouse den mutmaßlichen Mörder lebend zu fangen (was nicht gelang, aber man hatte es versucht!), während in diesem Frankfurter JC gleich zur Pistole gegriffen wurde. 

Ein "ebenbürtiges Echo" ist in diesem Fall auch falsch. Es geht hier ja, wie gesagt um die Verhältnismäßigkeit. Der Einsatz von Pfefferspray oder Schlagstock wäre möglich gewesen- wurde aber gar nicht in Betracht gezogen. Ich wehre mich einfach gegen den Gedanken (und mag er bei vielen hier auch noch so beliebt sein), eine allgemeine "Feuer frei"-Erlaubnis zu erteilen. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben (nennt man 'Menschenrechte'). Ein Recht auf töten, auch in einer Notwehrsituation, gibt es nicht (allenfalls ein Recht, sich zu verteidigen).
Ich kenne all die Filme, von Clint Eastwood ("Make my Day, Creep!"), über Charles Bronson ("Ein Mann sieht rot"), bis "Der blutige Pfad Gottes" in und auswendig. Aber hier ist nun mal nicht Amerika.

Es gab auch kein "Handgemenge"- die Polizistin war mehrere Meter entfernt.
"Dein Arsch, oder mein Arsch" sagt vielleicht der richtige Chuck Norris. Aber verwechsle bitte nicht die Realität mit "Missing in Action"! Der gute, alte Chucky hätte in seinen Filmen auch keine Frau mit Messer mit dem Maschinengewehr über den Haufen geballert. Höchstens ein dutzend Vietcong...



ChuckNorris

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #7 am: 26. Mär. 2012, 21:36:25 »
@morfois43, Danke für deinen Kommentar nun zu den Inhalten.

Zitat
Die Überschrift kam nicht von mir, sondern entstammt dem Artikel von www.spiegel-online.de. Hinweis: Da die 'Bild'-Zeitung nicht journalistisch ist, hat sie auch kein "journalistisches Niveau"
Muss man diese Überschrift denn dann zwingen übernehmen? Und warum hat der Springer Verlag ein College wo man Journalismus studieren kann? *merkwürdig* Aber tut auch nicht weiter zur Sache.


Zitat
Ich finde auch den Gedankengang seltsam, wohin die Polizistin alternativ hätte schießen können. Sie hätte ja auch ein nicht tödliches Mittel zur Gefahrenabwehr wählen können.
Der Gedankengang kam von einem anderen User, den ich dann nur aufgegriffen habe. Wir diskutieren hier ja über den Vorfall und Sinn und Zweck einer Disksussion ist es ja zu einem Ergebnis zu kommen und man sich über die Gedankengänge austauscht.

Zitat
Was ich auch vermisse, ist die Überlegung, warum die Situation so hat eskalieren können.
Find ich gut, deswegen diskutieren wir hier ja. Dazu am Ende meines Posts dann mehr.

Zitat
Ich habe selbst mehrfach erlebt, das Ausländer von Mitarbeitern eines JC herablassender u. schlechter behandelt wurden, als deutsche "Kunden".
Dazu kann ich nur sagen, dass ich selbst etliche Fälle erlebt habe und immer wieder aufs Neue erlebe, wo Ausländer einen Deutschen wie Dreck behandeln. Oder aber spezielle im JC sogar gegenüber Deutschen bevorzugt behandelt wurden. Das sind persönlich Wahrnehmungen und Empfindungen. Und ich finde die Staatsangehörigkeit spielt hier keine Rolle. Ich sehe da nur 4 Menschen involviert.

Zitat
Ich habe den Vergleich mit dem Attentäter von Toulouse gewählt, weil er gerade aktuell war und, wie ich finde, die ungleiche Herangehensweise von Sicherheitskräften schön darstellt. Über zweihundert Polizisten versuchten in Toulouse den mutmaßlichen Mörder lebend zu fangen (was nicht gelang, aber man hatte es versucht!), während in diesem Frankfurter JC gleich zur Pistole gegriffen wurde. 
Die Handlungen von Sicherheitskräften unterschiedlicher Nationen zu vergleichen gestaltet sich in sofern schwierig, da sie auf verschiedenen Gesetzesgrundlagen agieren. Ich kann nur mutmaßen warum in Frankreich so reagiert wurde. Vlt. um den Attentäter öffentlich zur Schau zur stellen, um an Hintergrundinformationen zu kommen, um Medienwirksam den Hinterbliebenden das Warum und Wieso zu erklären, aus politischem Kalkül? Ich kann es dir nicht sagen. Ich hätte in dem Fall nur vollstes Verständnis gehabt, wenn sie sich erst garnicht die Mühe gemacht hätten ihn lebend zu schnappen.

Zitat
Ein "ebenbürtiges Echo" ist in diesem Fall auch falsch. Es geht hier ja, wie gesagt um die Verhältnismäßigkeit. Der Einsatz von Pfefferspray oder Schlagstock wäre möglich gewesen- wurde aber gar nicht in Betracht gezogen.
Da gebe ich dir Recht. Die Schusswaffe zu ziehen wäre hier, aus meiner körperlich überlegenen Sicht, nicht Verhältnismäßig. Dazu aber auch am Ende des Posts mehr.

Zitat
Ich kenne all die Filme, von Clint Eastwood ("Make my Day, Creep!"), über Charles Bronson ("Ein Mann sieht rot"), bis "Der blutige Pfad Gottes" in und auswendig. Aber hier ist nun mal nicht Amerika.

Es gab auch kein "Handgemenge"- die Polizistin war mehrere Meter entfernt.
"Dein Arsch, oder mein Arsch" sagt vielleicht der richtige Chuck Norris. Aber verwechsle bitte nicht die Realität mit "Missing in Action"! Der gute, alte Chucky hätte in seinen Filmen auch keine Frau mit Messer mit dem Maschinengewehr über den Haufen geballert. Höchstens ein dutzend Vietcong...

Tja.. schön das du diese Filme auswendig kennst. Ich hab sie auch schon mehrmals geschaut. Frage mich aber was diese Filme mit der Realität zu tun haben??? Ich war im Kriegsgebiet im Einsatz, ich weiß wie es ist wenn einem die Kugeln um den Kopf fliegen! Ich halte dich zwar für intelligent genug um zu wissen, dass es nicht realistisch ist, was Hollywood einem vorgaukelt, aber ich sag es dir gerne nochmal: Fernsehen / Kino ist nicht die Realität.

Selbstverständlich gab es ein Handgemenge. Wie sonst, sollte die Frau in der Lage sein den Polizisten mit dem Steakmesser am Arm zu verletzen? Es wird also ein Handgemenge gegeben haben, es wird rumgeschrien worden sein. Warnungen und Drohungen. WIe groß ist so ein Büro im JC? Wieviele Meter stand die Polizistin wohl entfernt. Da das garantiert kein Großraumbüro war und die Polizistin sich immer so zu positionieren hat, dass sie jederzeit ihren Kollegen decken / helfen kann, wird sie maximal 2 Meter entfernt gewesen sein.

Was Chuck Norris sagt, kann ich dir nicht sagen. Die Aussage kam von mir! Ich weiß auch garnicht was du schon wieder mit Chuck Norris hast? Ich hab dazu schon in einem andern Thread etwas gesagt. Bis hierher war dein Post auch sehr interessant und eine Basis zur weiteren Diskussion. Ansonsten habe ich zu deiner Chuck Norris-Phobie alles gesagt. Kindergarten!

So und nun die Punkte wo ich erwähnt hatte am Ende des Posts drauf zurückzukommen:

Warum konnte die Situation so eskalieren? Das war deine Frage. Ich kann es dir natürlich nicht exakt sagen, ich kann nur persönliche Erfahrungen als Grundlage für einen Erklärungsversuch anbieten.
Vorausgegangen war mit Sicherheit ein sehr emotional geführter Disput seitens der Frau mit ihrem pAP. (Ob sie Anspruch auf die 10 EUR hat oder nicht, kann und will ich nicht bewerten) Nach Eintreffen der Polizei wird sich die Sache exzessiv hochgeschaukelt haben. Die Polizisten werden gewarnt haben, die Frau gedroht haben. Der Polizist will die Handtasche durchsuchen, ich vermute auf Verdacht nach Waffen/Werkzeugen, da Personalien der Frau ja bekannt sein durften. Die Frau verliert die Nerven, ich denke da ein Emigrationshintergrund vorliegt, gab es gewaltige Probleme in der Kommunikation. Die eine Seite versteht die andere Seite nicht!!! Der Polizist wird attackiert mit dem Messer. Die Frau, ich denke mit einem sehr temperamentvollem Auftreten was im Mitteleuropäischen Kulturkreis nicht üblich ist, wird danach nicht einfach still in der Ecke gestanden haben. Die Polizistin sieht das Messer, ihren Kollegen verletzt und am Bluten, den martialischen Auftritt der Frau der auf sie sehr bedrohlich wirkt. Ich weiß aus den Nachrichten von damals auch, dass die Frau kein Leichtgewicht war, ganz im Gegenteil. Die Polizistin sieht das alles, ist körperlich unterlegen, bekommt Angst evtl. Panik. Sie zieht die Schusswaffen, geht vlt. einen halben bis ganzen Schritt zurück und mit Sicherheit wird sie noch verbal gewarnt haben! Die Frau reagiert nicht auf diese Warnungen und führt ihren Auftritt fort. Evtl. die falsche Bewegung gemacht. Auf die Polizistin zu gegangen... zugestürmt?? Die Polizistin schießt!

Das ist meine persönliche Vorstellung dieses Vorfalls, die auf Tatsachen und Erfahrungen aus meinem Leben konstruiert wurde.

Du sprichst die Verhältnismäßigkeit an. Geb ich dir Recht, ist auf den ersten Blick nicht verhältnismäßig. Hätte die Frau die Polzistin mit dem Messer verletzt, hätte man von ihrem Kollegen erwartet, sich mit Schlagstock/Pfefferspray und körperlicher Gewalt durchzusetzen! Richtig! So war es aber nicht und wie ich schon sagte, war die Polizistin körperlich unterlegen. In dem Fall entscheiden Richter differenziert und lassen die Notwehr gelten, wenn die Handlung so abgelaufen ist wie ich sie zum Beispiel hier grad erklärt habe.

Ausbildung und Schulung machen noch lange keinen guten Polizisten. Sie hat defintitiv durch ihr Handeln gezeigt, dass sie nicht für den Streifendienst geeignet ist. Ich würde sie auch nur noch Innendienst machen lassen. Das kann man aber der Polizistin nicht zur Last legen, wohl eher den Ausbildern die es nicht erkannt haben. Dazu kommt die Tagesform!

Reagierst du denn immer richtig, wenn du nur Sekunden oder Bruchteile von Sekunden Zeit hast, eine Entscheidung zu fällen? Ich denke nicht, dass wird niemand können.

Zitat
Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben (nennt man 'Menschenrechte'). Ein Recht auf töten, auch in einer Notwehrsituation, gibt es nicht (allenfalls ein Recht, sich zu verteidigen).

Das Recht auf Leben hat jeder, richtig! Das Recht auf Freiheit, Gesundheit, körperlicher Unversehrtheit etc. sind alles Grundrechte, richtig! (die übrigens auch der Polizist hat) Und eine Notwehr ist nicht das Recht zu töten, richtig! Sondern das Recht sich mit angemessenen Mitteln zur Wehr zu setzen. Aber es gibt da noch etwas:

§ 33
Überschreitung der Notwehr

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.


Und das ist was ich hier versuche zu erklären. Die Polizistin war jung, noch nicht erfahren und wie ich finde auch nicht wirklich geeignet für den Polizeidienst. Solche Sachen laufen innerhalb so kurzer Zeit ab wo ich zustimme, hier aus Furcht und Schrecken auf eine Überschreitung der Notwehr zu erkennen. So ist unsere deutsche Rechtsprechung und das ist auch gut so!

Was mich wieder zu meinem ersten Post führt, die Frau sei selber schuld. Ja, sie hat diese Situation und Eskalation durch ihr Auftreten ja erst begünstigt und provoziert.  Warum geht sie nicht einfach den Weg der Rechtsmittel, die ihr zugestanden hätten?
Müssen wir doch auch wenn wir (und das hatten wir alle schon) Probleme mit dem JC haben!






morfois43

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Antw:Tod im Jobcenter
« Antwort #8 am: 27. Mär. 2012, 12:04:12 »
"Muss man diese Überschrift denn dann zwingen übernehmen? Und warum hat der Springer Verlag ein College wo man Journalismus studieren kann? *merkwürdig* Aber tut auch nicht weiter zur Sache."
Nein, muß man nicht. Ich hab's aber getan.
Ich war auf der HP der 'Springer Akademie für Journalismus'. Vorausgesetzt, man unterrichtet da nicht den Journalismus der 'BILD'-Zeitung, scheint es mir eine ganz gute Schule zu sein. Vielleicht hab ich an der falschen studiert?! Mir ging es bei meiner Bemerkung auch um die Art des Journalismus der 'BILD'- die für mich, wie gesagt, kein Journalismus ist.


"Dazu kann ich nur sagen, dass ich selbst etliche Fälle erlebt habe und immer wieder aufs Neue erlebe, wo Ausländer einen Deutschen wie Dreck behandeln. Oder aber spezielle im JC sogar gegenüber Deutschen bevorzugt behandelt wurden. Das sind persönlich Wahrnehmungen und Empfindungen. Und ich finde die Staatsangehörigkeit spielt hier keine Rolle. Ich sehe da nur 4 Menschen involviert."
Ich finde, die Staatsangehörigkeit spielt hier sogar die zentrale Rolle, wenn sich Angestellte eines JC Ausländern gegenüber anders verhalten als Deutschen.

"Die Handlungen von Sicherheitskräften unterschiedlicher Nationen zu vergleichen gestaltet sich in sofern schwierig, da sie auf verschiedenen Gesetzesgrundlagen agieren. Ich kann nur mutmaßen warum in Frankreich so reagiert wurde. Vlt. um den Attentäter öffentlich zur Schau zur stellen, um an Hintergrundinformationen zu kommen, um Medienwirksam den Hinterbliebenden das Warum und Wieso zu erklären, aus politischem Kalkül? Ich kann es dir nicht sagen. Ich hätte in dem Fall nur vollstes Verständnis gehabt, wenn sie sich erst garnicht die Mühe gemacht hätten ihn lebend zu schnappen."
Kann sein, das der länderübergreifende Vergleich aufgrund verschiedener Gesetze hinkt. Das Grundproblem, jemanden lebend zu fangen oder zu töten bleibt doch aber gleich.
Und warum lässt du hier den Rächer der Gesellschaft heraushängen, in dem du für die Todesstrafe (durch die Hintertür) plädierst?

"Tja.. schön das du diese Filme auswendig kennst. Ich hab sie auch schon mehrmals geschaut. Frage mich aber was diese Filme mit der Realität zu tun haben??? Ich war im Kriegsgebiet im Einsatz, ich weiß wie es ist wenn einem die Kugeln um den Kopf fliegen! Ich halte dich zwar für intelligent genug um zu wissen, dass es nicht realistisch ist, was Hollywood einem vorgaukelt, aber ich sag es dir gerne nochmal: Fernsehen / Kino ist nicht die Realität.

Selbstverständlich gab es ein Handgemenge. Wie sonst, sollte die Frau in der Lage sein den Polizisten mit dem Steakmesser am Arm zu verletzen? Es wird also ein Handgemenge gegeben haben, es wird rumgeschrien worden sein. Warnungen und Drohungen. WIe groß ist so ein Büro im JC? Wieviele Meter stand die Polizistin wohl entfernt. Da das garantiert kein Großraumbüro war und die Polizistin sich immer so zu positionieren hat, dass sie jederzeit ihren Kollegen decken / helfen kann, wird sie maximal 2 Meter entfernt gewesen sein."

Das ist hier die Frage- wer hier Film und Realität verwechselt: Ich hab den Eindruck, das die die besonders laut nach "Kopf ab!" oder "Schieß doch!" schreien, ein bisschen selbst 'Dirty Harry" mit der 44er Magnum sein wollen! Diese ganzen Serien und Filme, in denen es so leicht scheint, jemanden "das Licht auszublasen", färben auch irgendwie auf viele Deutsche ab- obwohl oder vielleicht gerade weil wir keine Todesstrafe haben. Auch wenn es dich ermüden oder anwidern sollte, sage ich es immer wieder: Es gibt kein Recht zu töten!
Ja, die Polizistin stand etwa zwei Meter entfernt. Sie sagte aus, das Frau S. mit dem Messer eine Vorwärtsbewegung auf sie zu gemacht hätte. Aber keiner der anderen im Raum Anwesenden bestätigt diese Aussage- nicht einmal ihr verletzter Kollege! Und einen zwei Meter langen Arm hat ja wohl niemand?! Im übrigen sollen genau diese Umstände ja in dem Verfahren geklärt werden, das der Bruder der Getöteten fordert.

"Warum konnte die Situation so eskalieren? Das war deine Frage. Ich kann es dir natürlich nicht exakt sagen, ich kann nur persönliche Erfahrungen als Grundlage für einen Erklärungsversuch anbieten."
Wie bitte? Hast du auch schon mal einen PAP im JobCenter mit dem Messer bedroht?
 
"Vorausgegangen war mit Sicherheit ein sehr emotional geführter Disput seitens der Frau mit ihrem pAP. (Ob sie Anspruch auf die 10 EUR hat oder nicht, kann und will ich nicht bewerten)"
Laut Aussage der Leiterin des JC in einem Fernsehinterview (nach der Tat) "wäre die Auszahlung der zehn Euro kein Problem gewesen" Das macht die Sache doch sehr hässlich!

"Nach Eintreffen der Polizei wird sich die Sache exzessiv hochgeschaukelt haben. Die Polizisten werden gewarnt haben, die Frau gedroht haben. Der Polizist will die Handtasche durchsuchen, ich vermute auf Verdacht nach Waffen/Werkzeugen, da Personalien der Frau ja bekannt sein durften."
Nein, den Personalausweis hatte er vorher gefordert. Frau S. griff daraufhin zum Stoffbeutel und nahm etwas heraus, von dem der Polizist vermutete, es wäre der Ausweis. Es war aber das Messer. 

"Die Frau verliert die Nerven, ich denke da ein Emigrationshintergrund vorliegt, gab es gewaltige Probleme in der Kommunikation."
Wenn, dann gab es einen Migrationshintergrund. Die Frau war bereits eingereist und wollte bestimmt nicht ausreisen.

"Evtl. die falsche Bewegung gemacht. Auf die Polizistin zu gegangen... zugestürmt?? Die Polizistin schießt!"
Das, wie gesagt, müsste ein evtl. Verfahren genau klären.

"Reagierst du denn immer richtig, wenn du nur Sekunden oder Bruchteile von Sekunden Zeit hast, eine Entscheidung zu fällen? Ich denke nicht, dass wird niemand können."
Ich bin kein Polizist, habe keine entsprechende Ausbildung und trage keine Schußwaffe.

"Ja, sie hat diese Situation und Eskalation durch ihr Auftreten ja erst begünstigt und provoziert.  Warum geht sie nicht einfach den Weg der Rechtsmittel, die ihr zugestanden hätten?
Müssen wir doch auch wenn wir (und das hatten wir alle schon) Probleme mit dem JC haben!"

Das Frau S. einen schweren Fehler gemacht hat, habe ich bereits geschrieben. Ja, warum hat sie nicht Rechtsmittel eingelegt? Das ist ein Rat, der so auch von ihrem PAP im Job Center hätte stammen können. Warum, warum nur? Weil Sie verzweifelt war? Weil sie Hunger hatte? Keinen Ausweg mehr wusste? Der Rechtsweg ist langwierig. Sie wollte nur etwas Geld, um sich was zu essen zu kaufen, um zu leben, was weiß ich. Zwischen Recht haben und Recht bekommen, ist halt immer noch ein Unterschied.








« Letzte Änderung: 27. Mär. 2012, 12:44:40 von morfois43 »