Autor Thema: Griechenlandkrise und Folgen  (Gelesen 5201 mal)

Ryu

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Griechenlandkrise und Folgen
« am: 29. Jun. 2015, 10:25:14 »
Am Wochenende sind die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und der EU über eine Verlängerung des am Dienstag, den 30.06.2015 auslaufenden Hilfsprogramms anscheinend endgültig gescheitert. Der Grund dafür ist, dass die Griechen überraschend erklärt haben, dass sie die Entscheidung über die EU Vorschläge dem Volk überlasen wollen indem sie eine Volksabstimmung durchführen. Diese soll am nächsten Sonntag, den 05.07.2015 stattfinden, also fast eine Woche nach dem Ende der Frist. Die Regierungspartei rät den Griechen dabei mit Nein abzustimmen. Nach dieser Ankündigung sahen die EU-Politiker die Verhandlungen als gescheitert an, da bis zum Ablauf der Frist keine Einigung mehr erzielt werden kann.

Dies hat nun unmittelbare Folgen für das Land, denn aufgrund des Scheiterns der Verhandlungen hat die EZB beschlossen, die Notkredite für die griechischen Banken nicht weiter zu erhöhen. Dadurch wird es bei den bisher bewilligten 90 Milliarden Euro bleiben. Diese haben die Banken allerdings praktisch so gut wie ausgereizt, weswegen den Banken nun die Zahlungsunfähigkeit droht. Als Reaktion darauf hat die griechische Regierung die Banken vorerst geschlossen, lediglich einige ausgewählte Filialen bleiben geöffnet, um den Rentnern ohne Internetanschluss ihre Renten in Bar auszuzahlen. An Geldautomaten können die Griechen jedoch weiterhin Geld abheben, allerdings maximal 60 Euro pro Tag und Karte. Darüber hinaus wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt um einen weiteren Abfluss von Geld ins Ausland zu verhindern. Überweisungen im Inland sind weiterhin uneingeschränkt möglich, Überweisungen ins Ausland bedürfen jedoch einer Sondergenehmigung, die nur erteilt wird, wenn es im öffentlichen Interesse liegt, zum Beispiel bei Medikamentenimporten. Dies hat natürlich auch direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft. Um einen Kollaps der griechischen Börsen zu verhindern bleiben auch diese bis auf weiteres geschlossen.

Dass diese Befürchtungen berechtigt waren zeigt der Börsenstart in Deutschland. Der Dax verlor direkt nach Handelsstart über 4%. Auch andere europäische Börsen hatten ähnliche Einbrüche. Selbst asiatische Börsen verloren teilweise über 2%, so zum Beispiel der japanische Leitindex Nikkei.
Auch der Euro gerät durch die Krise unter Druck und verliert im Vergleich zum Yen und zum US-Dollar an Wert.

Quellen: Tagesschau.de, spiegel.de


Kommentar:

Die griechische Regierung hat Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Das ist der Konsens der europäischen Politiker. Und angesichts des Verhaltens der Regierung in Athen sehe ich das ähnlich. Das bisherige Hilfsprogramm läuft am Dienstag aus, seit Wochen wird darüber verhandelt. Jetzt plötzlich anzukündigen, dass man als Regierung diese Entscheidung nicht treffen kann und stattdessen eine Volksabstimmung durchführen will, und zwar erst nach dem Ende der Frist, ist nicht nachvollziehbar. Es scheint fast so, als wolle man so eine künstliche Verlängerung der Frist erreichen, frei nach dem Motto: Ich lasse Abstimmen, bis dahin müsst ihr weiter helfen. Sollte das tatsächlich der Plan gewesen sein, so ist er offensichtlich gescheitert.

Die griechische Regierung steht allerdings auch mit dem Rücken zur Wand. Schließlich haben sie die Wahlen nur gewonnen, da sie angekündigt hatten den Sparzwängen der EU ein Ende zu bereiten. Ein wirkliches Konzept wie man alternativ vorgehen wolle gab es jedoch anscheinend nicht, und wenn sie nun dem Vorschlag der EU folgen würden wäre das ein Eingeständnis, dass sie ihre Wahlversprechungen nicht halten können, und somit wohl politisch auf lange Sicht das Aus. Lehnen sie die Vorschläge jedoch ab und führen ihr Land in den Ruin, so wäre das natürlich ebenfalls das Ende für die Partei. Ich denke daher, die Abstimmung hat weniger mit den Verhandlungen mit der EU zu tun, sondern eher innenpolitische Gründe. So könnte man sich unabhängig vom Ergebnis hinterher nämlich hinstellen und sagen: Wir haben das nicht beschlossen, das war eure Entscheidung.

Was die Krise selbst angeht, so kann man den Griechen die Schuld meiner Meinung nach jedoch nicht alleine geben. Das Ganze geht nun ja schon seit vielen Jahren so, und immer wieder wurden neue Kredite bewilligt um das unvermeidlich hinauszuzögern. Die Politiker der EU haben sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Schließlich war es vorrangig die Troika der EU, die die Reformen in Griechenland vorgegeben hat, und das Land dabei zu Tode gespart hat. Das sie zu Beginn diesen Kurs eingeschlagen haben ist nachvollziehbar, und dass sie zunächst daran festgehalten haben auch, schließlich haben ähnliche Maßnahmen in anderen Krisenländern ja anscheinend gegriffen. Als jedoch ersichtlich wurde, dass dies in Griechenland nicht so ist, da hätte man prüfen müssen woran das liegt statt einfach weiter zu sparen und Geld rein zu pumpen um eine Pleite zu verhindern. In der Wirtschaft nennt man so etwas Insolvenzverschleppung, und es ist ein Straftatbestand.
Ich denke, dass man die derzeitige Situation hätte vermeiden können wenn man rechtzeitig Reformen durchgeführt hätte, vor allem in den Bereichen Steuern und Renten. Jetzt ist es dafür jedoch fast schon zu spät, da die reichen Griechen ihre Gelder längst aus Griechenland abgezogen haben.

Ryu

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Antw:Griechenlandkrise und Folgen
« Antwort #1 am: 30. Jun. 2015, 10:38:09 »
Der griechische Finanzminister Varoufakis hat mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht, sollte die EU versuchen Griechenland aus der Währungsunion auszuschließen. Er verweist dabei darauf, dass der Maastricht-Vertrag von 1993 betont, dass die Wirtschafts- und Währungsunion “unumkehrbar“ wäre und keine Möglichkeit eines Austrittes oder Ausschlusses vorsehe.

Der griechische Ministerpräsident Tsipras hat derweil sein Verbleiben im Amt vom Ausgang des Referendums abhängig gemacht. Er hat zwar für den Fall einer Entscheidung für den Sparkurs weder seinen Rücktritt noch Neuwahlen angekündigt, dafür jedoch festgestellt, dass er die Entscheidung des Volkes in einem solchen Fall respektieren würde, seine Partei jedoch nicht diejenigen wären, die es umsetzen würden. Tsipras ruft die Griechen dazu auf mit Nein abzustimmen.

Quelle: tagesschau.de,


Kommentar:

Sollte es aus dem einen oder anderen Grund tatsächlich dazu kommen, dass die anderen Eurostaaten versuchen sollten Griechenland aus der Währungsunion auszuschließen, so müsste also der Europäische Gerichtshof entscheiden. Ich denke, dass die Griechen in einem solchen Fall tatsächlich gute Chancen auf einen Sieg vor Gericht hätten, denn ohne eine entsprechende Klausel im Vertrag ließe sich der Ausschluss juristisch nur schwer begründen. In jedem Fall aber würde ein entsprechendes Verfahren vermutlich Jahre dauern, so dass ein schneller „“Grexit“ wohl eh nur möglich wäre, wenn die Griechen zustimmen sollten von sich aus auszutreten, was man im Moment ja wohl ausschließen kann. Anders sähe es aus, wenn vorher eine Änderung oder Ergänzung des Maastricht-Vertrages durchgeführt werden würde, doch dazu müssten dem alle Unterzeichner zustimmen, was man derzeit wohl auch ausschließen kann. Egal wie das Referendum am Wochenende ausgeht, die Griechenlandkrise wird uns wohl in jedem Fall noch lange beschäftigen.

Ryu

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Griechen stimmen gegen Sparprogramm
« Antwort #2 am: 06. Jul. 2015, 10:34:30 »
Am Sonntag haben die Griechen ihr Referendum abgehalten und mit 61,3% klar gegen die Sparauflagen der Geldgeber gestimmt. Ministerpräsident Tsipras sieht dies als klare Bestätigung seines Kurses und fordert nun umgehend neue Verhandlungen. Er fordert unter anderem ein größeres entgegenkommen der Geldgeber und eine Umstrukturierung der griechischen Schulden.

Der griechische Finanzminister Varoufakis ist unterdessen überraschend zurückgetreten. Der Grund hierfür dürfte sein, dass er zuletzt mit seinen Äußerungen bei den Verhandlungspartnern der Eurogruppe für Unverständnis gesorgt hatte. Die anderen Länder hatten angedeutet, dass sie es begrüßen würden, wenn er nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen würde. Mit dem Rücktritt sollen nun wohl weitere Verhandlungen vereinfacht werden.

So schnell wie Tsipras es gerne hätte wird es aber wohl keine neuen Verhandlungen geben. Zunächst einmal ist für Dienstag ein EU Krisengipfel einberufen worden. Bereits am Montag wollen Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande die Folgen dieses Referendums besprechen. Ebenfalls am Montag wird sich EU-Kommissionschef Juncker mit Vertretern verschiedener EU-Institutionen beraten.

Die Auswirkungen des Neins waren auch an den Börsen spürbar, hielten sich aber in Grenzen. Der Euro verlor zu Handelsbeginn im Vergleich zum US-Dollar rund einen Cent, der DAX rutschte rund 2% ins Minus, erholte sich daraufhin aber teilweise wieder.


Quellen: tagesschau.de, spiegel. de,



Kommentar:

Ich kann die Entscheidung der Griechen zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Die Maßnahmen und Sparauflagen der Vergangenheit haben oftmals am falschen Punkt angesetzt, notwendige Reformen blieben aus. Stattdessen wurden die Lebensbedingungen für die Bürger immer schlechter.
Allerdings haben sie die Folgen des Neins nicht gründlich durchdacht. Tsipras hat verkündet nun gestärkt in die Verhandlungen zu gehen und schnell ein besseres Ergebnis vorweisen zu können. Doch danach sieht es bislang nicht aus, die anderen Mitglieder der Eurogruppe müssen sich zunächst einmal untereinander auf ihr weiteres Vorgehen einigen, und das wird Zeit brauchen, ebenso wie die danach eventuell anstehenden Verhandlungen. Zeit ist jedoch etwas, was Griechenland nicht hat. Die Banken sind noch immer geschlossen, es fehlt an Geld, und demnächst ist die nächste Schuldenrate fällig. Wenn bis dahin keine Lösung gefunden wurde, dann droht Griechenland ganz offiziell der Staatsbankrott. Tsipras sieht die Geldgeber am Zug, doch das ist angesichts der Lage meiner Meinung nach eine fatale Fehleinschätzung.

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Krisensitzung am Sonntag letzte Chance für Griechenland?
« Antwort #3 am: 08. Jul. 2015, 10:38:15 »
Die Europäische Zentralbank hat die ELA Kredite für Griechenland auf dem aktuellen Stand eingefroren. Aufgrund der zunehmend kritischen Lage wurde auch der Wert der griechischen Staatsanleihen, die als Sicherheiten für die Kredite dienen, herabgesetzt, so dass Griechenland für zusätzliche Kredite wohl gar nicht mehr ausreichend Sicherheiten hätte. Laut griechischem Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis reichen die Bargeldreserven wahrscheinlich nur noch bis Freitag, den 10.07.2015. Sollte bis dahin keine Lösung gefunden sein dürfte sich die Lage im Land noch weiter verschlimmern. Bereits jetzt sorgen die Kapitalverkehrskontrollen und die geschlossenen Banken für Probleme. Da die Besitzer der Lastwagen nur 60 Euro pro Tag abheben können fehlt es ihnen an Geld um ihre Lastwagen zu betanken, und dass griechische Kreditkarten im Ausland oftmals nicht mehr akzeptiert werden bereitet internationale Speditionen ernste Probleme. Das Transport- und Verkehrswesen droht zusammenzubrechen. Auch die allgemeine Versorgungslage wird zunehmen kritischer. In Apotheken werden Medikamente teilweise rationiert, und auch auf den Inseln könnten demnächst Versorgungsengpässe auftreten, da diese nur gegen Barzahlung versorgt werden können.

Die Krisensitzung am Dienstag, den 07.07.2015, hat keine Ergebnisse gebracht, da die griechische Regierung keine neuen Vorschläge im Gepäck hatte. Für Sonntag ist nun ein weiterer Krisengipfel anberaumt, dieses Mal auf EU-Ebene. Dieses Treffen gilt als letzte Chance für eine Einigung. Von Griechenland werden bis Donnerstag Vorschläge erwartet, die anschließend von den Geldgebern diskutiert werden. Da am 20.07.2015 die nächste Kreditrate an die EZB fällig wird, drängt die Zeit, denn sollte Griechenland diese Rate nicht begleichen können müsste die EZB Griechenland als bankrott einstufen und alle Kredite augenblicklich zurückverlangen, da die Staatsanleihen dann jeglichen Wert verlieren würden und nicht mehr als Sicherheit verwendet werden könnten. Dies würde Griechenland praktisch dazu zwingen eine Parallelwährung einzuführen, was faktisch dem Austritt aus der Eurozone gleich käme.

Bei den Verhandlungen hofft Tsipras noch immer auf eine Umschuldung und einen Schuldenschnitt, doch dies wird von den Geldgebern abgelehnt. Sie befürchten einen Dominoeffekt auf andere Krisenländer, die das dann als Referenzfall nehmen könnten und anstelle von Reformen ebenfalls auf einen Schuldenschnitt pochen würden. Vor allem die nordöstlichen Euroländer sind strikt gegen diesen Schritt, da sie selbst ihre Krisen nur mit harten Reformen bewältigen konnten. Auch die Bundeskanzlerin pocht auf Reformen und lehnt einen Schuldenschnitt strikt ab und verweist dabei darauf, dass dies die Übernahme der Schulden eines Eurolandes durch ein anderes Euroland bedeuten würde, was den Verträgen zufolge verboten ist. Für ihre kompromisslose Haltung in dieser Angelegenheit wird Angela Merkel aber auch immer wieder kritisiert. Es wird dabei darauf verwiesen, dass auch Deutschland in den 50er Jahren nur durch einen Schuldenschnitt den Aufschwung geschafft hat. Innerhalb der Unionsfraktion mehren sich derweil die Stimmen, die offen für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone plädieren.

In Brüssel werden unterdessen verschiedene Szenarien durchgespielt, darunter auch solche, in denen Griechenland die Eurozone verlässt. Dabei wird zwar immer wieder betont, dass diese Szenarien nach Möglichkeit vermieden werden sollen, doch die Möglichkeit wird mit jedem verstreichenden Tag ohne Einigung immer größer. Auch über humanitäre Hilfen für die griechische Bevölkerung wird diskutiert, da ein unkontrollierter “Grexit“ zu einer Verknappung lebenswichtiger Waren führen könnte. Verschiedene Hilfsorganisationen entwickeln bereits entsprechende Pläne, um auf den schlimmsten Fall vorbereitet zu sein.


Quellen: N24.de, spiegel.de, tagesschau.de, heute.de,


Kommentar:

Wenn die Kanzlerin mit ihrer Aussage, dass ein Schuldenschnitt vertraglich verboten ist, Recht hat, dann muss Griechenland die Eurozone verlassen, etwas anderes bleibt meiner Meinung nach gar nicht mehr übrig. Die Gegner des Schuldenerlasses argumentieren zwar immer, dass dann auch die anderen Euroländer ihre Kredite und Bürgschaften abschreiben müssten, doch ich denke, dass angesichts der Situation klar sein dürfte dass das Geld so oder so weg ist. Die griechischen Schulden sind inzwischen soweit angewachsen, dass es außer einem Schuldenschnitt keine andere Möglichkeit mehr gibt aus dieser Lage wieder herauszukommen. Doch selbst mit einem Austritt aus der Eurozone und einem Schuldenschnitt müsste Griechenland noch viele Reformen durchführen, ansonsten würde es hinterher ja genau so weiter gehen wie bisher, und das würde unweigerlich zu neuen Schulden führen. Wenn jedoch sinnvolle Reformen und ein Schuldenerlass zusammenkommen, dann hätten die Griechen die Möglichkeit in ihre Wirtschaft zu investieren und ein gesundes Wachstum zu erreichen.

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Griechische Regierung legt Reformvorschläge vor
« Antwort #4 am: 10. Jul. 2015, 10:20:08 »
Am Donnerstagabend, den 10.07.2015, hat die griechische Regierung die geforderte Liste mit Reformvorschlägen fristgerecht eingereicht. Damit erfüllt sie nun grundsätzlich die Voraussetzungen für neue Verhandlungen. Große Teile der Reformliste entsprechen in etwa dem letzten Angebot der Geldgeber vor dem griechischen Referendum, andere Abschnitte sind eigentlich Kompromissvorschläge, liegen also irgendwo zwischen dem Angebot der Gläubiger und dem Angebot der griechischen Regierung. Ob die Geldgeber die Vorschläge so akzeptieren ist hingegen ungewiss, denn einige Politiker haben bereits öffentlich gesagt, dass angesichts der weiteren Verschärfung der Lage in Griechenland nun noch umfassendere Reformen und strengere Regelungen notwendig wären.

Die griechische Regierung hat bereits einige der Reformvorschläge öffentlich gemacht. Zunächst einmal wird eine Rentenreform angeboten. Das Renteneintrittsalter soll auf 67 Jahre angehoben werden, die Frühverrentung erschwert werden. So müssten nach dem Vorschlag die Rentner nun mindestens 62 Jahre alt sein und 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben. Außerdem sollen die Rentner stärker als bisher an den Gesundheitskosten beteiligt werden.
Ein weiterer Punkt der Liste ist eine umfassende Steuerreform. So soll die Mehrwertsteuer in einigen Bereichen erhöht werden, ebenso die Unternehmens- und Luxussteuer. Auch die Steuernachlässe für die griechischen Inseln sollen größtenteils aufgehoben werden, nur ärmere und abgelegene Inseln ohne hohes Touristenaufkommen sollen weiterhin begünstigt bleiben.
Weitere aufgelistete Punkte sind Privatisierungen, der Verkauf von staatlichen Anteilen an Unternehmen, eine Reform des öffentlichen Dienstes, eine Reduzierung der Ausgaben für Verteidigung und ein stärkeres Vorgehen gegen Korruption und Steuerhinterziehung.

Im Gegenzug für diese Reformen fordert die griechische Regierung ein neues Hilfspaket über 53,5 Milliarden Euro und bittet um ein Investitionspaket über 35 Milliarden Euro. Außerdem möchte Tsipras noch immer einen weiteren Schuldenschnitt. Zumindest letzteres scheint jedoch höchst unwahrscheinlich, da der Widerstand seitens der Geldgeber hier sehr groß ist. Eine Restrukturierung der Schulden, also längere Laufzeiten der Kredite und niedrigere Zinssätze, scheint jedoch möglich zu sein.

Heute will das griechische Parlament über die Reformliste abstimmen und entscheiden, ob Tsipras ein Verhandlungsmandat auf dieser Grundlage bekommt. Tsipras möchte seine Partei bei dieser Abstimmung vom Fraktionszwang befreien und die Mehrheit zur Not auch mit den Stimmen der Oppositionsparteien sicherstellen.

Zeitgleich werden die Vorschläge der griechischen Regierung nun von der EU und dem IWF geprüft und anschließend an die Euro-Finanzminister weitergegeben, die sich am Samstag treffen werden. Wenn alle die Vorschläge akzeptabel finden, oder zumindest eine Grundlage für neue Verhandlungen sehen, dann wird auf dem EU-Gipfel am Sonntag über neue Hilfen für Griechenland entschieden werden.


Quellen: tagesschau.de, spiegel.de, heute.de


Kommentar:

Aus meiner Sicht scheint die Reformliste (wenn sie tatsächlich so nahe an dem ursprünglichen Angebot der Gläubiger ist wie es nach ersten Pressemeldungen scheint) eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen zu sein, weswegen ich erstmal davon ausgehe, dass es zumindest zur Aufnahme neuer Verhandlungen kommen wird. Ob dabei dann auch eine Übereinkunft getroffen wird steht dann allerdings auf einem anderen Blatt, schließlich hat sich die Lage ja doch ganz schön geändert.
Persönlich bin ich mir nicht sicher, was in dieser Situation das Beste wäre, weder für Griechenland noch für die Eurozone und die EU. In jedem Fall müsste ein eventuelles neues Hilfspaket strikt daran gekoppelt werden, dass die abgesprochenen Reformen schnell und umfangreich umgesetzt werden. Ein weiteres Spiel auf Zeit darf man der griechischen Regierung in keinem Fall durchgehen lassen. Ansonsten wäre es wahrscheinlich wirklich besser den “Grexit“ zu erzwingen, denn lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber selbst in einem solchen Fall müsste man den Griechen in jedem Fall eine Perspektive bieten und Hilfe anbieten, inklusive finanzieller Hilfe in der Übergangszeit.
Wie seht Ihr das? Sollte man ein letztes Mal versuchen Griechenland im Euro zu halten (und somit zumindest die Chance bewahren die Kredite und Bürgschaften zurückzukriegen, bzw. nicht einlösen zu müssen), oder sollte jetzt ein Schlussstrich gezogen und die Kredite abgeschrieben werden?

Ryu

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Griechenland einigt sich anscheinend mit Euro-Ländern
« Antwort #5 am: 13. Jul. 2015, 10:52:00 »
Nachdem die Beratungen in der Nacht zunächst ergebnislos unterbrochen und der für den Abend geplante EU-Gipfel abgesagt worden war, hat es heute Vormittag anscheinend doch noch eine Einigung gegeben.

Der griechische Ministerpräsident Tsipras hatte sich lange gegen die Forderungen der Euro-Länder gesperrt, die griechischen Privatisierungen über einen Trauhandfonds laufen zu lassen. Außerdem war er strikt gegen eine weitere Beteiligung des IWF an künftigen Hilfen. In beiden Punkten musste er nun aber anscheinend klein beigeben. Laut ersten Meldungen sind beide Punkte Teil der Übereinkunft. Mit dieser Einigung scheint ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone vom Tisch zu sein. Genaue Informationen zum Inhalt der Einigung gibt es noch nicht, aber laut ersten Pressemeldungen scheine folgende Punkte beschlossen worden zu sein:

Der Treuhandfonds für die Privatisierungen wird kommen. Das Geld aus den Privatisierungen soll vorrangig für den Schuldenabbau verwendet werden, ein Teil soll jedoch auch für Investitionen in die griechische Wirtschaft genutzt werden um neue Impulse zu setzen und die Wirtschaft anzukurbeln.

Es wird eine Umstrukturierung der griechischen Schulden geben. Die Laufzeiten der Darlehen werden verlängert, so dass Griechenland mehr Zeit hat seine Verbindlichkeiten zu begleichen. Dadurch bekommt die Regierung in Athen mehr Luft die notwendigen Reformen einzuleiten. Ein Schuldenschnitt wird es jedoch nicht geben.

Auch eine Brückenfinanzierung ist geplant. Damit soll die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen Rettungspaketes überbrückt werden. Wie diese Brückenfinanzierung aussehen soll und aus welchen Mitteln sie bezahlt werden wird ist noch unklar.

Allerdings müssen die Parlamente der beteiligten Länder diesem Kompromiss noch zustimmen bevor offiziell über das neue Rettungspaket verhandelt werden kann. Die Verhandlungen für das Paket werden dann wohl noch einige Wochen in Anspruch nehmen.


Quellen: tagesschau.de, n-tv.de, heute.de


Kommentar:

Mit dieser Einigung scheint der Grexit ersteinmal abgewendet. Die Auflagen an die griechische Regierung sind hoch, das Vertrauen muss ersteinmal zurückgewonnen werden. Ich denke jedoch, dass das Parlament in Athen zustimmen wird, denn ihnen gehen schlicht und ergreifend die Alternativen aus. Selbst Tsipras hat das inzwischen erkannt. Ob diese Übereinkunft am Ende die Rettung für Griechenland sein wird oder das Unvermeidliche nur hinauszögert wird die Zukunft zeigen. Wenn es jedoch gelingt die Wirtschaft mit Investitionen anzukurbeln und die versprochenen Reformen wirklich kommen und auch greifen sollten, dann sehe ich durchaus eine Chance. Das sind jedoch viele wenn´s, daher bin ich auch noch recht Skeptisch. Wie seht ihr das? Schafft Griechenland mit den neuen Geldern und den angekündigten Reformen die Wende?


Ryu

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Tsipras kämpft mit innenpolitischem Widerstand
« Antwort #6 am: 14. Jul. 2015, 10:18:20 »
Nach der Einigung mit den Geldgebern hat Tsipras nun die denkbar undankbare Aufgabe den Kompromiss im eigenen Land zu verkaufen. Sowohl sein Koalitionspartner als auch Teile seiner eigenen Partei haben allerdings bereits angekündigt bei der kommenden Abstimmung über das Reformpaket mit nein zu stimmen. Der Beschluss dieses Reformpaketes und der Umsetzung der Zusagen aus den Verhandlungen ist jedoch zwingend nötig um neue Hilfen von den Euro-Ländern zu bekommen und so den Staatsbankrott noch abzuwenden. Tsipras wird daher wohl auf die Stimmen der Opposition angewiesen sein. Viele Oppositionsparteien haben bereits angekündigt Tsipras in diesem Punkt zu unterstützen. Einige Medien berichten außerdem, dass Tsipras plant sein Kabinett umzubilden, um so seine Widersacher loszuwerden.

Auch in der Bevölkerung herrscht Unmut über den Kompromiss und die damit verbundenen harten Auflagen. Es kam zu Demonstrationen gegen Tsipras Partei. Auch die Gewerkschaft der Staatsbediensteten lehnt diesen Kompromiss ab und hat für den Tag der Abstimmung zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen.

Unterdessen konnte Athen eine weitere Rate an den IWF nicht begleichen, wodurch die offenen Verbindlichkeiten Griechenlands beim IWF nun auf rund 2 Milliarden Euro angewachsen sind. Die fälligen Zahlungen an private japanische Investoren (die sogenannten Samurai-Bonds, die vor 20 Jahren ausgegeben worden waren) beglich Griechenland jedoch. Somit konnte das Land verhindern, dass die Rating-Agenturen das Land noch weiter herabstuften. Als kritisch gilt weiterhin der 20. Juli 2015. An diesem Tag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen. Sollte bis dahin das benötigte Geld nicht vorhanden sein, zum Beispiel über die geplante Brückenfinanzierung, so würde die EZB Griechenland als Bankrott einstufen müssen. Dann wären weitere Hilfen für die griechischen Banken quasi ausgeschlossen. Nach der Einigung am Montag werden es die Euro-Länder aber nicht so weit kommen lassen. Allerdings wird es wohl an den Euro-Ländern hängen bleiben Griechenland zu retten. Großbritannien hat bereits angekündigt sich nicht an einer Griechenlandrettung zu beteiligen, da dies ein Problem der Euro-Länder wäre, zu denen Großbritannien ja nicht gehört. Bereits im Jahre 2010 haben die zunehmend EU-kritischen Briten die Zusage erhalten, dass der EFSM keine Hilfsprogramme für Euroländer mehr finanzieren würde.


Quellen: tagesschau.de, spiegel.de, n-tv.de


Kommentar:

Dass Tsipras Probleme haben würde den Kompromiss in Griechenland zu verkaufen war mir von Anfang an klar. Dies hat er sich meiner Meinung nach aber selbst zuzuschreiben. Er war mit völlig unrealistischen Versprechen in den Wahlkampf gegangen, und hatte dann mit dem Referendum gegen die Geldgeber Stimmung gemacht. Außerdem hatte er gesagt, dass das Nein im Referendum ihn bei den Verhandlungen stärken würde. Eine kolossale Fehleinschätzung weitab der Realität, die ihn letztendlich eingeholt hat. Nun war er angesichts der sich immer weiter verschlimmernden Lage praktisch gezwungen Zugeständnisse zu machen, die teilweise sogar weit über das hinausgingen, was ursprünglich im Referendum abgelehnt wurde. Klar, dass die Griechen sich nun verschaukelt fühlen, schließlich hat ihnen das Referendum am Ende mehr geschadet als genützt. Ich denke jedoch am Ende wird alles beschlossen werden, es gibt keine Alternative und die Opposition hat ja bereits gesagt, dass sie Tsipras unterstützen werde. Für ihn und seine Partei dürfte dies jedoch der erste Schritt in die politische Bedeutungslosigkeit gewesen sein, es sein denn vor den nächsten Wahlen passiert noch etwas Bemerkenswertes.
« Letzte Änderung: 14. Jul. 2015, 10:50:58 von Ryu »

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Reformen angenommen, EU und EZB gewähren weitere Hilfen
« Antwort #7 am: 17. Jul. 2015, 10:30:31 »
Das griechische Parlament hat am 15.07.2015 den vorgeschlagenen Reformen mit einer deutlichen Mehrheit zugestimmt. 229 Abgeordnete stimmten für die Umsetzung der Reformen, 64 dagegen, bei sechs Enthaltungen. Dennoch ist die Abstimmung für Tsipras kein großer Erfolg, denn die Hälfte der Nein-Stimmen kam aus seiner eigenen Partei, darunter ein Minister, zwei stellvertretende Minister und die Parlamentspräsidentin. Vermutlich muss Tsipras sein Kabinett nun umstellen.

Nachdem das griechische Parlament nun die ersten Reformen verabschiedet hat sah die EU Griechenland auf einem guten Weg und hat einen Überbrückungskredit in Höhe von 7 Milliarden Euro bewilligt. Dieser Kredit wird es den Griechen erlauben die am Montag fällige Rate in Höhe von 3,5 Milliarden Euro an die EZB zu bezahlen. Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone noch bevor die Verhandlungen über ein neues Hilfspaket überhaupt beginnen konnten wurde somit verhindert. Da das Geld jedoch nicht von den Euro-Ländern sondern der gesamten EU kommt hat Großbritannien auf einer Geld-zurück-Garantie bestanden. Vorgesehen ist, dass Griechenland das Geld aus dem neuen Rettungspaket zurückzahlt. Sollten die Verhandlungen jedoch scheitern, so müssten die Euro-Länder die Schulden übernehmen.

Durch die Entscheidung der EU und den eingeschlagenen Reformkurs der griechischen Regierung sah auch die EZB nun wieder die Möglichkeit weitere Nothilfen für die griechischen Banken zu bewilligen. Zunächst einmal wurden 900 Millionen Euro zugesagt, was es den griechischen Banken ermöglichen wird ab Montag wieder zu öffnen. Die Einschränkungen bei Abhebungen und Überweisungen ins Ausland sollen jedoch nicht sofort aufgehoben, sondern schrittweise reduziert werden. So soll ein Ansturm auf die Banken verhindert werden.

Die neuen Mehrwertsteuersätze sollen ebenfalls am Montag in Kraft treten, zumindest auf dem Festland. Die griechischen Inseln, die bisher Steuervorteile genossen, sollen voraussichtlich erst im Herbst nachziehen.

Quelle: tagesschau.de



Kommentar:

Die aktuellen Entscheidungen verschaffen den Griechen zunächst einmal Luft. Wenn die Banken öffnen und die Menschen wieder normal an ihr Geld kommen ist das schon ein großer Schritt nach vorne. Es bleibt allerdings abzuwarten wie lange das anhält. Die 900 Millionen werden wohl kaum länger als ein paar Wochen reichen. Dennoch, Griechenland hat die ersten Reformen auf den Weg gebracht und wird vorerst im Euro bleiben. Was nun folgt hängt von Griechenland und den übrigen Euro-Ländern ab. Bleibt nur zu hoffen, dass alle Beteiligten aus den Fehlern der vergangenen Hilfsprogramme gelernt haben und dieses Mal auch die Wirtschaft des Landes angekurbelt wird. Denn wenn eines deutlich wurde dann das: Sparen allein hilft in diesem Fall nicht.

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3. Hilfspaket: Verhandlungen abgeschlossen
« Antwort #8 am: 13. Aug. 2015, 09:41:13 »
Die Verhandlungen über das neue Hilfspaket für Griechenland sind abgeschlossen. Für die Hilfen werden von Seiten der griechischen Regierung viele Maßnahmen gefordert, die innerhalb bestimmter Fristen umgesetzt werden müssen. Darunter sind unter anderem Reformen des Renten- und Steuerrechts, eine Reduzierung der Verteidigungsausgaben, Reformen auf dem Arbeitsmarkt, Privatisierungen, Förderung erneuerbarer Energien und der Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung. Eine genauere Auflistung der Inhalte der Vereinbarung kann unter folgendem Link gefunden werden:

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/vereinbarung-griechenland-101.html

Der griechische Ministerpräsident Tsipras versucht nun, seine Partei für das Hilfsprogramm zu gewinnen. Die Chancen dafür stehen nicht besonders gut, der linke Flügel seiner Partei hat bereits angekündigt mit nein zu stimmen. Damit könnte der Ministerpräsident erneut auf die Stimmen der Opposition angewiesen sein.
Auch in Deutschland gibt es durchaus kritische Stimmen. Sollte Griechenland den Bedingungen des Hilfspakets zustimmen, und auch die EU-Finanzminister den Plan billigen, so müssten als nächstes die nationalen Parlamente zustimmen, also auch der Bundestag. Erst danach kann mit der Umsetzung des neuen Programms begonnen werden.


Quelle: tageschau.de


Kommentar:

Wenn man sich die Liste mit den Auflagen durchliest, so kann man manchmal nur mit dem Kopf schütteln. Viele der verlangten Reformen sind wichtig und schon lange überfällig, doch bei einigen Punkten fragt man sich schon, wohin das führen soll. Die Arbeitsmarktreform zum Beispiel: Reformen für Tarifverhandlungen und die Möglichkeit von Massenentlassungen? Das klingt für mich stark nach: Löhne runter oder Jobverlust. In einem Land, in dem die Arbeitslosenquote so extrem hoch ist jetzt auch noch Massenentlassungen zu fordern, das ist ein ziemlich fragwürdiges Konzept wenn man bedenkt, dass die Reformen ja eigentlich die wirtschaft ankurbeln und die Arbeitslosenzahlen senken sollten. Geringere Löhne könnten zwar theoretisch die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, doch ein Blick ins eigene Land zeigt, wo das eher hinführt: Der Abbau normal bezahlter Stellen zugunsten von schlechter bezahlten Stellen zur Gewinnoptimierung. Neue Arbeitsstellen werden dadurch nur sehr wenige entstehen.

Die meisten anderen Punkte ergeben da schon mehr Sinn, auch wenn man abwarten muss wie sie letztendlich umgesetzt werden.

Ryu

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IWF fordert Schuldenerleichterungen, Griechenland stimmt für Paket
« Antwort #9 am: 14. Aug. 2015, 10:30:24 »
Der Internationale Währungsfond (IWF) hat verlauten lassen, dass er sich nur am dritten Hilfspaket beteiligen würde, wenn den Griechen ein Teil ihrer Schulden erlassen werden. Damit hat die Bundesregierung nun ein Problem, denn sie hat immer gesagt, dass sie nur bei dem dritten Hilfspaket mitmachen würde wenn auch der IWF dabei ist, gleichzeitig einen Schuldenschnitt jedoch kategorisch ausgeschlossen.

Das griechische Parlament hat heute Morgen dem dritten Hilfspaket zugestimmt. Zuvor hatten sie sich über 24 Stunden beraten und in der Nacht noch lange Debattiert.

Quellen: n-tv.de, heute.de


Kommentar:

Es wird interessant sein zu sehen wie die Bundesregierung auf diese verzwickte Lage reagieren wird. Sollte der IWF bei seiner Haltung bleiben, so müsste die Regierung zurückstecken oder das Hilfspaket würde Platzen. Sie müssten dem Schuldenschnitt also entweder zustimmen oder auf die Beteiligung des IWF verzichten. Allerdings dürfte das nicht nur in Deutschland zu schwierigen Entscheidungen führen, denn auch andere EU-Länder haben sich ja klar gegen einen Schuldenschnitt ausgesprochen, weswegen ich glaube, dass es bei unveränderter Situation wohl eher auf ein Hilfspaket ohne IWF hinauslaufen dürfte.

Das Ergebnis der Abstimmung im griechischen Parlament ist keine Überraschung, schließlich steht die Opposition ja hinter dem Paket. Lediglich die Anzahl der Nein-Stimmen aus dem Regierungslager könnte noch einmal spannend werden.

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Stellt Tsipras die Vertrauensfrage?
« Antwort #10 am: 17. Aug. 2015, 10:25:05 »
Nachdem ihm bei der letzten Abstimmung wieder viele Stimmen aus der eigenen Partei fehlten stellte Ministerpräsident Tsipras nun eine Vertrauensfrage für Ende August in Aussicht. Sollte er diese verlieren müsste es Neuwahlen geben, was Tsipras wohl nicht ungelegen käme, denn noch liegt er in den Umfragen deutlich vorne, und viele der jetzt Beschlossenen Reformen, zum Beispiel höhere Steuersätze, sind noch nicht in Kraft getreten.

Quelle: n-tv.de


Kommentar:

Da Tsipras zum Regieren auf die Stimmen der Opposition angewiesen ist ist eine Vertrauensfrage, und somit wahrscheinlich Neuwahlen, die logische Konsequenz. Sollte es tatsächlich Neuwahlen geben bin ich sehr gespannt darauf, ob sich die Griechen noch einmal von seinen großen Versprechungen blenden lassen, denn seine bisherigen Regierungsbilanz ist ja nicht gerade umwerfend. Wenn er die Wahl jedoch erneut klar gewinnen sollte, so könnte er sich von den ungeliebten Koalitionspartner verabschieden und würde als klarer Gewinner dastehen.

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Parlament muss über Hilfspaket abstimmen
« Antwort #11 am: 18. Aug. 2015, 09:33:43 »
Am Mittwoch muss der Bundestag über das dritte Hilfspaket für Griechenland abstimmen. Die Mehrheit für das Paket gilt zwar als sicher, doch viele Unionspolitiker sind skeptisch und warnen vor einem versteckten Schuldenschnitt um den IWF am Paket zu beteiligen. Bei der letzten Abstimmung hatten 60 Mitglieder der Unionsfraktion gegen die Linie der Regierung gestimmt, dieses Mal könnten es sogar noch mehr werden.

Auch in anderen Ländern steht eine Abstimmung über das Hilfspaket bevor, unter anderem in Estland, Österreich und Spanien.

Quelle: heute.de

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EU-Finanzminister geben erst Zahlung an Athen frei
« Antwort #12 am: 20. Aug. 2015, 09:52:39 »
Nachdem Deutschland und die Niederlande dem Paket in den jeweiligen Parlamenten zugestimmt haben wurde die erste Zahlung über 26 Milliarden Euro an Griechenland von den Euro-Finanzministern freigegeben. Somit kann die griechische Regierung die heute fälligen 3,4 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen. Das Geld wird jedoch nicht komplett an die griechische Regierung gehen, ein Teil ist Zweckgebunden. So gehen 13 Milliarden Euro direkt an die griechische Regierung, während 10 Milliarden für die Bankensanierung reserviert sind. Der Rest der ersten Zahlung, 3 Milliarden Euro, soll erst im Herbst an Athen gehen. Im Gegenzug dafür muss Athen nun weitere Reformen beschließen und umsetzen.

Quellen: tagesschau.de, heute.de,


Kommentar:

Die neuen Hilfsgelder kommen erneut kaum bei der Bevölkerung an. Ein großer Teil ist für die Bankensanierung reserviert, der Rest wird praktisch komplett in die Schuldentilgung fließen. Ich gehe stark davon aus, dass auch die restlichen drei Milliarden Euro, die erst im Herbst gezahlt werden, fast ausschließlich für die Tilgung der Schulden verwendet werden dürften. Ob es in Griechenland voran geht, oder ob das neue Hilfspaket nichts weiter macht als das Unvermeidliche weiter aufzuschieben wird wohl einzig und allein vom Erfolg der Reformen abhängen. Wenn diese nicht die erhofften Einnahmen und Einsparungen bringen werden wir in ein oder zwei Jahren wieder die Debatte um den Grexit haben.

Ryu

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Tsipras ist zurückgetreten
« Antwort #13 am: 21. Aug. 2015, 09:35:47 »
Der griechische Ministerpräsident Tsipras ist gestern zurückgetreten. Formal hat nun die stärkste Oppositionspartei den Auftrag eine neue Regierung zu bilden, doch die Chancen dafür stehen sehr schlecht. Es sieht so aus, als ob es Neuwahlen geben würde. Die Regierungsgeschäfte werden bis dahin von einer Übergangsregierung unter Leitung des höchsten Richters des Landes weitergeführt werden.

Innerhalb des linken Flügels der Syriza-Partei, der bei den vergangenen Abstimmungen immer gegen Tsipras Pläne gestimmt hatte, gibt es Überlegungen eine neue Partei zu gründen, die sich gegen die Sparpolitik stellt. Die Entscheidung darüber soll noch im Laufe des Tages fallen. Dennoch scheint Tsipras davon auszugehen, dass seine Partei selbst im Fall einer Abspaltung weiter stärkste Kraft bleiben wird. Tsipras sagte, dass er mit den Neuwahlen nach einem neuen, starken Mandat strebe um nun, da das Hilfspaket beschlossene Sache ist, mit den Geldgebern über eine Umstrukturierung der Schulden zu verhandeln.

Quellen: tagessschau.de, n-tv.de


Edit:

Der Linksflügel der Syriza hat eine eigene Fraktion im Parlament gegründet und sich somit abgespalten. Der Name der neuen Fraktion lautet Volkseinheit (LAE). Sie ist nun drittstärkste Kraft im PArlament. Aus Kreisen der Abgeordneten hört man, dass sie schnellstmöglich eine neue Linkspartei gründen wollen. Damit wäre die absolute Mehrheit für Tsipras bei den Neuwahlen eher unwahrscheinlich.

Quelle: heute.de


Kommentar:

Was Tsipras selbst in Aussicht gestellt hat ist nun viel früher eingetreten als erwartet. Tsipras tritt zurück, seine Regierung ist somit am Ende. Nun hat die Opposition die Möglichkeit eine Regierung zu bilden, was jedoch nicht klappen wird. Danach gibt es Neuwahlen. Da Tsipras noch immer sehr beliebt ist hat er gute Chancen darauf mit seiner Partei erneut stärkste Kraft zu werden, eventuell spekuliert er ja auch auf eine absolute Mehrheit. Es gibt jedoch etwas, das Tsipras einen Strich durch die Rechnung machen könnte: Nachdem sich der linke Flügel nun abgespalten hat, könnte ihn eine neue Linkspartei wichtige Stimmen kosten. Die Opposition hat unterdessen aus meiner Sicht ein Problem. Obwohl Tsipras seine Versprechen gebrochen und die Forderungen der Geldgeber akzeptiert hat können sie das kaum gegen ihn verwenden, schließlich waren es die Stimmen der Opposition, die ihm dabei geholfen haben. Somit hat Tsipras wohl tatsächlich gute Chancen erneut gewählt zu werden.
« Letzte Änderung: 21. Aug. 2015, 11:02:10 von Ryu »

Ryu

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Syriza-Partei verliert Stimmen
« Antwort #14 am: 03. Sep. 2015, 10:07:26 »
Zwei Wochen vor den Neuwahlen in Griechenland hat die Syriza-Partei vom zurückgetretenen Ex-Regierungschef Tsipras mit etwa 26 % nur noch einen Vorsprung von knapp einem Prozent gegenüber der Nea Dimokratia (etwa 25 %). Damit dürften Tsipras Hoffnungen, nach den Neuwahlen ohne Koalitionspartner regieren zu können, nicht wahr werden. Im Gegenteil, er muss sogar zittern, ob seine Partei die Wahl überhaupt gewinnt, denn in einer Umfrage gaben zwei Drittel der Befragten an, mit seiner Regierung nicht zufrieden zu sein. Der Wahlsieg ist in Griechenland besonders wichtig, da die Partei mit den meisten Stimmen 50 zusätzliche Sitze im 300 Sitze umfassenden Parlament bekommt, so dass es nahezu unmöglich ist eine Regierung ohne den Wahlsieger zu bilden.

Quelle: n-tv.de


Kommentar:

Damit hat sich Tsipras Kalkül wohl erledigt. Nachdem er praktisch alle seine großen Versprechen vor der letzten Wahl nicht eingehalten hat fallen die Griechen anscheinend nicht noch einmal auf seine großen Worte und Ankündigungen herein. Der hauchdünne Vorsprung, den seine Partei noch hat könnte sich schnell erledigen, wenn die Nea Dimokratia ein paar der noch unentschlossenen Wähler auf ihre Seite ziehen kann. Doch selbst wenn es der Syriza-Partei gelingen sollte den Vorsprung zu halten brauchen sie in jedem Fall einen Koalitionspartner. Angesichts der derzeitigen Umfragewerte wäre eine große Koalition mit der Nea Dimokratia womöglich sogar die einzige Möglichkeit.