Autor Thema: Richard Laymon - Die Jagd  (Gelesen 3549 mal)

Helluo Librorum

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Richard Laymon - Die Jagd
« am: 26. Aug. 2013, 14:07:31 »
Da das Buch sowohl ein Thriller als auch ein Horrorroman ist, habe ich es in beiden Kategorien eingestellt. :)

Helluo Librorum präsentiert aus der Reihe "Bücher, die man gelesen haben muss":

Richard Laymon – Die Jagd


Genre: Thriller / Horror
Seiten: 528
Verlag: Heyne
ISBN-10: 3453675428
ISBN-13: 978-3453675421

Link zur Leseprobe:

http://www.amazon.de/Die-Jagd-Richard-Laymon/dp/3453675428/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1374658465&sr=8-1&keywords=die+jagd+laymon#reader_3453675428

Autor & Buch (Allgemeines)

Stephen King meint, „es sei ein Fehler, Richard Laymon nicht zu lesen“. Wie Recht er doch damit hat. Der ungekrönte wahre Meister des Horror wird diesem Titel einmal mehr gerecht und wahrscheinlich auch noch in 200 Jahren als absoluter Kultautor gelten.

So selten es anderswo auch der Fall ist: aber Richard Laymon kann man wohl wirklich nur hassen oder lieben. Etwas dazwischen ist nahezu unvorstellbar. Eine Büchersammlung ohne wenigstens ein paar seiner Bücher trägt diesen Namen völlig unverdient.

Jedes einzelne der Bücher von Richard Laymon würde bei 99% aller Autoren automatisch das Meisterwerk schlechthin sein. Die Liste der Autoren, die auch in der Breite qualitativ auf einem derart hohen Niveau schreiben, ist leider wahrlich viel zu kurz geraten.

Man neigt beim Lesen dazu, „typisch Laymon!“ zu denken, aber das ist eigentlich nur die halbe Wahrheit. Denn im Gegensatz zu den allermeisten Autoren, selbst einen Stephen King eingeschlossen, ähneln sich seine Bücher kaum. Richard Laymon schreibt auch in der Breite sehr facettenreich, während die Bücher seiner „Konkurrenz“ leider viel zu häufig beliebig austauschbar sind, ähnlich den Liedern von Modern Talking, wo man auch immer das unweigerliche Gefühl hatte, das ein Lied wie die Kopie eines anderen Liedes klingt. Als „typisch Laymon“ empfinde ich daher lediglich seine bereits häufig von mir gelobte extrem hohe Erzählintensität und den nicht minder großen Grad der Perversion in all seinen Facetten.

“Die Jagd“ ist eine absolute Pflichtlektüre für alle Fans der harten Lesekost und zumindest eine Empfehlung für alle Menschen, die nicht schon „Rotkäppchen und der böse Wolf“ für ein extrem brutales Machwerk halten. Zartbesaitete Gemüter sollten hingegen unbedingt vom Kauf dieser Lektüre absehen.

Bei Büchern wie diesen stellt sich immer wieder erneut die Frage, ob es eines möglicherweise gar nicht mehr so fernen Tages auch eine FSK-Altersbegrenzung für Bücher geben könnte und hofft, dass es nicht so weit kommen wird. Sollte es jedoch wieder Erwarten dazu kommen, landen die Bücher von Richard Laymon mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als eine der ersten auf dem Stapel „FSK-18“.

Die Frage, die ich mir immer wieder verzweifelt stelle, lautet: „Warum sind eigentlich nicht viel mehr Bücher so wie die von Richard Laymon?“. Gibt es denn wirklich niemanden, der ähnlich „kranke“ Phantasien hat oder bekommen diese Autoren beim Schreiben solcher Geschichten derart unerträgliche Alpträume, dass sie lieber darauf verzichten?

Handlung (nur minimale Spoiler enthalten, die wenig mehr verraten als der Klappentext)


Jody ist 16 Jahre alt und übernachtet bei ihrer besten Freundin Evelyn. In der Nacht dringt eine Bande Jugendlicher, die sich selbst „The Skulls“ nennen und deren einziges Hobby das Töten von Menschen ist, in das Haus ein und bringt Evelyn sowie deren Eltern auf bestialische Art und Weise um. Durch Zufall und mit viel Glück können Jody und Evelyns kleiner Bruder Andy fliehen. Doch ihre Flucht bleibt nicht unbemerkt und so macht es sich Simon zur Aufgabe, die Flüchtigen zur Strecke zu bringen. Was nicht nur wichtig ist, damit es keinen Zeugen ihrer Tat gibt, sondern auch, weil er selbst sonst zum nächsten Opfer seiner „Freunde“ werden könnte. Denn diese haben gemeinsam eine Regel festgelegt: Wer ein Opfer entkommen lässt, wird dies mit seinem eigenen Leben bezahlen. Um die beiden zu töten, ist er dann auch wahrlich zu allem bereit.

Nach dem spektakulären Beginn des Buches teilt sich die Handlung in zwei Stränge auf. In dem einen begleiten wir die einzigen Überlebenden auf ihrer Flucht und in den Tagen und Wochen danach, im zweiten werden wir an die Seite eines der Mörder gestellt, der neben der Jagd auf die entflohenen Zeugen immer wieder in Rückblenden von sich und seinen wahnsinnigen Freunden sowie ihrer Gräueltaten erzählt. Quasi ein „Best-of“ ihrer Morde also. Die Hauptgeschehnisse aus beiden Perspektiven zu erfahren, ist dann ein leider viel zu selten verwendetes erzählerisches Element.

Charaktere


Die Charaktere sind, wie eigentlich immer bei Laymon, gut gezeichnet, auch wenn der Autor erfahrungsgemäß nicht zu den Autoren gehört, die bei diesem Punkt besonderen Wert auf einen großen Grad an Detailliertheit legen.

Einer der Gründe, warum ich ausgerechnet diesen Autor zu meinem Liebling erkoren habe ist, dass es mir bei keinem anderen Autoren leichter fällt, mich in die Protagonisten hineinzuversetzen.

Möglicherweise mag es beim Lesen dann ja auch nur mir so ergangen zu sein, aber aufgrund der zwei Perspektiven war ich hin- und her gerissen zwischen dem Wunsch, das die beiden Überlebenden mit ihrer Flucht erfolgreich sind und dem Wunsch, dass es den psychopatischen Killern doch noch gelingen möge, die beiden zu schnappen und zu töten. Was letzten Endes für mich aber auch wieder einen nennenswerten Anteil am Reiz dieses Buches ausgemacht hat.

Atmosphäre & Schreibstil:

Bei Richard Laymon gilt das Motto: Weniger ist mehr! Weniger literarisch hochtrabende Sätze, dafür (deutlich) mehr Blut, Gewalt und Sex. Was einem davon wichtiger ist, ist natürlich Geschmackssache, mir ist definitiv letzteres um ein vielfaches wichtiger.

Wer noch kein Buch aus der Feder dieses Autoren gelesen hat, dem sei vorsorglich gesagt, dass er sich auf einiges gefasst machen darf. Richard Laymon überschreitet nämlich nicht nur Grenzen, er geht sogar noch weit darüber hinaus. Wo in anderen das Blut nur leicht vor sich hin tröpfelt, kann man bei Laymon damit komplette Badewannen füllen. Ein besonders abscheuliches Detail möchte ich dabei im Rahmen meiner Buchempfehlung lieber nicht spoilern, alleine schon aus dem Gedanken heraus, dass ich nicht möchte, dass sich jemand bereits beim Lesen dieser Zeilen übergeben muss.

Die insgesamt 528 Seiten sind dann auch für viele Leser genau 528 Seiten zuviel – ein scheinbar nie endender Alptraum. Den Aufdruck „Hardcore“ auf dem Buchcover könnte man daher auch durchaus als Untertreibung des Jahres deklarieren.

Für das Schreiben meiner Buchempfehlungen recherchiere ich in der Regel auch im Internet und lese beispielsweise einige Rezensionen zu dem Buch durch. In diesem Fall ist mir eine Rezension ganz besonders ins Auge gefallen, weil darin ein höchst passender Satz enthalten war, den ich im folgenden sinngemäß wiedergeben möchte: Die ersten 70 Seiten von „Die Jagd“ wären in jedem anderen Thriller ein fulminantes Ende, das einen höchst zufrieden lässt. Bei diesem Autor ist es jedoch lediglich der Beginn seiner Geschichte.

Beim Lesen von Büchern aus der Feder von Richard Laymon muss man ernsthaft darauf aufpassen, dass man vor lauter Spannung nicht das Atmen vergisst. Kaum ein anderer Autor vermag es, seine Leser derart gekonnt in seinen Bann zu ziehen, wie es Laymon immer wieder aufs Neue gelingt. Einmal mit Richard Laymon begonnen, gerät das Lesen seiner Werke unwillkürlich zur Sucht. Denn wenn man einmal eines seiner Bücher ausgelesen hat, juckt es einem in den Fingern, so schnell wie irgendwie möglich mit dem nächsten zu beginnen.

Das im Prinzip jedes Buch von Richard Laymon ein sogenannter „Pageturner“ ist, liegt schlicht und ergreifend daran, dass seine Bücher nicht nur von Beginn an bis zum Ende extrem spannend sind, sondern vor allem auch an der unglaublich hohen Erzählintensität. Was Richard Laymon in einen Roman packt, da machen andere Autoren mindestens 2-3 Bücher daraus.

So gelingt es ihm in fast jedem seiner Bücher, den Leser dazu zu bringen, dass er sich zwar erst bei 1/3 oder in der Mitte des Buches befindet, aber sich trotzdem schon fragt: Was soll denn da jetzt noch alles passieren? Auch ich habe mir diese Frage mit einem Blick auf die Seitenzahl alles andere als selten gestellt, vor allem in dem Buch „Nacht“, meinem Lieblingstitel von diesem Autoren.

Nachbemerkungen:


Wer seine Bücher nicht liebt, der kennt entweder Richard Laymon nicht oder er schafft es nicht, den nötigen Mut dafür aufzubringen, auch nur eines davon zu lesen.

Sollte dies ihr erster Laymon werden, würde ich dringend empfehlen, vorsichtshalber einen Eimer neben das Sofa zu stellen.

Die Frage bei Menschen mit solch „kranker“ Phantasie wie sie Richard Laymon offensichtlich hatte, ist doch, ob sie entweder selbst potentielle Schwerverbrecher sind oder ob sie ihrer eigenen Geschichten wegen in der Nacht vor lauter Alpträumen nicht schlafen können?

Hinweis

Rechtschreibung und Grammatik wie immer ohne Gewähr.
;)
« Letzte Änderung: 26. Aug. 2013, 14:12:27 von Helluo Librorum »
"Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill